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„Our Country’s Call to Service“
leaders and trainers of leaders might well reach into every aspect of community leadership. It
might help to set in motion a process of self-reeducation.”743
Selbst am Höhepunkt der öffentlich ausgetragenen psychiatrischen Reeducation-Debatte ,
als der Neuropsychiater Richard M. Brickner die medizinische Frage „Is Germany Incura-
ble ?“744 in den Raum stellte , zeichnete sich schließlich doch eine gewisse Trendumkehr ab ,
indem nun
– zumindest ansatzweise
– auch sozialwissenschaftliche beziehungsweise sozi-
alpsychologische Überlegungen Eingang in die psychiatrischen Therapievorschläge fanden ;
wohl auch deshalb , weil sich die fachliche Auseinandersetzung zunehmend interdisziplinär
gestaltete.745 Nicht zuletzt verwies auch Margaret Mead in ihrem Vorwort eigens auf die
Bedeutung der Sozialwissenschaften in der Lösung des „German Enigmas“ ( so der Titel
eines der Buchkapitel ) und strich heraus , dass Brickner seinen Therapievorschlag für den
„paranoiden Patienten Deutschland“ um den Blick auf das Verhalten von dessen nationaler
„Familie“, nämlich der United Nations , erweitert hätte. Und auch Edward A. Strecker , ge-
wissermaßen der Erfinder der psychiatrischen „Reeducation“, zog in seinem Vorwort zum
Buch den von Brickner angesprochenen Aspekt der ‚Rekulturalisierung‘ heran :
“The paranoia of a group , such as Germany , is a new concept. [ … ] Its cure might well stem
from a better use of the human brain by all of us , through a well-thought-out , thorough plan
of reeducation , of reculturing”.746 [ Hervorhebung d. Verf. ]
In Beantwortung der Frage , wie sich im Zusammenhang der als paranoid diagnostizier-
ten deutschen Nation psychiatrische Methoden anwenden ließen , blieb Brickner , nach
umfangreichen Explanationen zur deutschen „Megalomania“, dem Unterdrückungs- und
Verfolgungskomplex , dem „War Cult“ sowie dem „German Race Cult“ aber überaus vage
und zitierte lediglich einen Journalisten mit Deutschlanderfahrung , nämlich den späteren
Pulitzerpreisträger Edgar Ansel Mowrer ,747 der in Bezug auf die vermeidbaren alliierten
Fehler zu Beginn der Weimarer Republik [ sic ]
– zitiert in den Lebenserinnerungen seiner
Frau
– gemeint habe :
“Occupy the key positions within the State , of course. Place its own people in all positions of
responsibility or control , eliminate , bribe , fetter or even gag its political opponents at least un-
til it has definitely solidified its own position. Wipe out dangerous traces of the past. Destroy
743 Kurt Lewin , The Special Case of Germany. In : Public Opinion Quarterly , 7 , 1943 , 566.
744 Richard M. Brickner , Is Germany Incurable ? Philadelphia – New York 1943.
745 Nicht zuletzt zeigt sich dies anhand der Danksagungen im Vorwort , wo Brickner u. a. auf die Leistungen
von Erik H. Erikson , Erich Fromm , Gregory Bateson , Geoffrey Gorer , Harold D. Laswell sowie Margaret
Mead verwies.
746 Edward A. Strecker , Preface. In : Brickner , Is Germany Incurable ? , a. a. O., 18.
747 Siehe Kapitel 1 , S. 81 , Anm. 298.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741