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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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353 Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung Der Wortlaut dieses Schreibens ist in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich , weil daraus hervorgeht , dass Skrbensky als der für die Hochschulen zuständige Leiter der „Sonder- kommission I. Instanz“ im Unterrichtsministerium offenbar keine Evidenz über die lau- fenden Verfahren in seinem Ressort hatte , und auch nicht über die „vorläufig“ im Dienst Belassenen sowie jene , über die negativ entschieden und die daher zu entheben waren. Zugleich stellte der Leiter der Überprüfungskommission aber  – und das scheint doch bemerkenswert  – die Möglichkeit in den Raum , dass die Entscheidungen der Sonde- roberkommission die erfolgten Enthebungen letztlich wieder „rechtskräftig“ rückgängig machen würden. An einem einige Tage später ausgesandten Rundbrief von Rektor Adamovich an alle De- kanate lässt sich ablesen , dass es keinesfalls gängige Praxis war , nach negativen Entscheidun- gen der Sonderkommission die „sofortige Enthebung aller in Betracht kommenden Lehr- kräfte“ zu veranlassen.1503 Wie aus den Antwortschreiben der einzelnen Dekanatsleitungen 1503 So entschied der Akademische Senat , politisch „belastete“ Professoren , die nach einer positiven Beur- teilung durch die Sonderkommission weiter lasen , in den Vorlesungsverzeichnissen namentlich nicht zu nennen , sondern lediglich mit N. N. ( nach Nennung ) anzukündigen. Wie Prorektor Meister in einer Sitzung verlautete , durften auf Weisung des Unterrichtsressorts insbesondere an der medizinischen Fa- kultät unter den „belasteten Professoren“ nur drei namentlich angeführt werden , nämlich Schönbauer , Antoine und Patzelt ; Tassilo Antoine ( 1895–1980 ), NSDAP-Parteimitglied , Professor für Geburtshilfe und Frauenheilkunde und Ordinarius an der Innsbrucker Universitätsklinik , der 1943 Nachfolger von Amreich an der Wiener Universitätsklinik wurde ; Antoine habe sich lediglich als NS-Parteianwärter ge- meldet , weil er „sonst nicht die Professur erlangen hätte können.“ Zudem habe Antoine „niemals den am Anfang von Vorlesungen vorgeschriebene Hitlergruss geleistet und Frauen von Antifaschisten grund- sätzlich kostenlos behandelt.“ Zit. nach : Entnazifizierung der Lehrkräfte der Universität Wien ( G.-Zl. 32141 / III–7 / 46 ). Enthalten in : Appendix „A“, Report of Quadripartite Sub-Committee on Denazifica- tion in Austrian Universities , 7. September 1946. NARA II , RG 260 , a. a. O., 1. Isabelle Ackerl schreibt : „Das offizielle Österreich wusste um seine Verdienste und hat mit zahlreichen Ehrungen dem Rechnung getragen : Tassilo Antoine erhielt das Große Silberne Ehrenzeichen , das Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst ( 1972 ), den Ehrenring der Stadt Wien ( 1965 ), den Preis der Stadt Wien für Naturwissen- schaften und die Billrothmedaille der Gesellschaft der Ärzte , deren Präsident und Ehrenpräsident er jahrelang gewesen war.“ Zit. nach : Vereinigung der Alt-Hietzinger , http://www.alt-hietzinger.at/Archiv/ personen/tassiloantoine. [ Zugriff 23. 1. 2011 ]. Die NS-Behörden attestierten Antoine : „Er bietet die Gewähr sich jederzeit rückhaltlos für den NS-Staat einzusetzen.“ Zit. nach : Arias , Entnazifizierung an der Wiener Medizinischen Fakultät , a. a. O., 359. Antoine wurde wie Leopold Schönbauer angerechnet , sich bei der Verteidigung des Allgemeinen Krankenhauses verdient gemacht zu haben. Hingegen habe Viktor Patzelt ( 1887–1956 ), Professor für Histologie und Embryologie , „sich gegenüber Studierenden als Nationalsozialist gebärdet“. Allerdings sei er „der einzige verfügbare Supplent für die beiden anatomischen Lehrkanzeln , da im Inland geeignete Anatomen nicht vorhanden sind.“ Zit. nach : Entnazifizierung der Lehrkräfte der Universität Wien ( G.-Zl. 32141 / III–7 / 46 ). Enthalten in : Appen- dix „A“, Report of Quadripartite Sub-Committee on Denazification in Austrian Universities , 7th Sep- tember 1946. NARA II , RG 260 , a. a. O., 1. Am histologischen Institut habe Pazelt zudem eine „wahre nationalsozialistische Zelle etabliert“. Vgl. Wiener Montag am 21. März 1946 , 4. Vgl. UAW , Senats-Sit- zungs-Protokoll , 13. Sitzung , Akademischer Senat der Universität Wien , GZ. 568–1946 / 47 , 15. März
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Untertitel
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Autor
Christian H. Stifter
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
762
Schlagwörter
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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