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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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4. „The democratic way of life in Austria“ 394 Nicht zuletzt waren es anti semitische Verunglimpfungen , Anfeindungen und massi- ve Schmähschriften seitens seiner Fach kollegen gewesen ,1675 die den Mitautor der Ös- terreichischen Verfassung und Schöpfer des Verfassungsgerichts hofes1676  – neben seiner Relegierung als Mitglied des Ver fas sungs gerichtshofes auf Lebenszeit infolge der neuen autoritären Heimwehrverfassung von 1929  – einen Ruf nach Köln annehmen ließ.1677 Zwar kam Kelsen mit dieser Entscheidung einer späteren zwangs weisen Emigration aus Österreich zuvor , nach der Macht ergreifung der National sozialisten 1933 wurde er aber in Köln  – ebenso wie Max Horkheimer oder Karl Mannheim  – sogleich ‚beurlaubt‘ und ohne Ansprüche abgesetzt.1678 Nach zwischenzeitlicher Lehrtätigkeit in Genf und einer 1936 angetretenen Professur an der Deutschen Universität Prag , die von nazistischen Attacken und Drohungen völkischer Studenten gruppen gegen seine Person geprägt war , emigrier- te Kelsen  – ebenfalls mit per sönlicher Visum-Hilfestellung durch Alvin Johnson von der New School for Social Science in New York , deren Lehr auftrags-Offert er aber ablehnte , 1675 So versuchten z. B. Alexander Hold-Ferneck , Ernst Schwind oder Fritz Sander , denen der liberale und mit einer Reihe von Sozialdemokraten in intellektuellem Austausch stehende Kollege , der sich noch dazu für die Habilitierung Max Adlers eingesetzt hatte , ein Dorn im Auge war , in hinterhältigen ‚Kampfschriften‘ die wissenschaftliche Seriosität der kelsenschen Rechtslehre in Zweifel zu ziehen , was allerdings  – nicht zuletzt aufgrund der prompten Gegenwehr Kelsens  – misslang. Vgl. Métall , Hans Kel- sen , a. a. O., 39 bzw. 56. Vgl. dazu weiters : Gerhard Oberkofler , Die Wahl von Leo Stern in die Deutsche Akademie der Wissenschaften. In : Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft , 1 , 1999 , 1 ff. ; Rathkolb , Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät , a. a. O., 197 f. ; [ Baron ] Alexander Hold-Ferneck ( 1875– 1955 ), Völkerrechtler und gleichaltriger Karrierekonkurrent Kelsens , 1922 Ordinarius für Völkerrecht und Rechts philosophie , 1929 / 30 Dekan der Juridischen Fakultät ; 1932–34 Senator und 1934 / 35 Rek- tor der Universität Wien. Er vertrat eine militant deutsch-völkische Position und stand dem National- sozialismus schon vor 1938 nahe. So hatte er als Rektor die Machtergreifung Hitlers 1933 be grüßt. Seine radikal anti semitische Grundhaltung dokumentiert sich darin , dass er mehrfach die Habilitierung jüdischer Kollegen ( und Anhänger Kelsens ) hintertrieb. Im Herbst 1938 hatte Hold-Ferneck um Auf- nahme in die NSDAP angesucht und war , obwohl gläubiger Katholik , aus der Kirche ausgetreten. Das Erkenntnis des Entnazifizierungsverfahren der Sonderkommission des Unter richtsministeriums vom 8. März 1946 bescheinigte Hold-Ferneck die Gewähr , „jederzeit rück haltlos für die unabhängige Re- publik Österreich eintreten“ zu wollen. Vgl. dazu : Jürgen Busch / Kamila Maria Staudigl-Ciechowicz , „Ein Kampf ums Recht“ ? Bruchlinien in Recht , Kultur und Tradition in der Kontroverse zwischen Kel- sen und Hold-Ferneck an der Wiener Juristen fakultät. In : Szabolcs Hornyák / Botond Juhász / Krisztina Korsósné Delacasse / Zuszsanna Peres ( Eds. ), Turning Points and Breaklines (= Jahrbuch Junge Rechts- geschichte 4 ), München 2009 , 111 ff. und 131 ff. [ Ich danke an dieser Stelle Kollegen Mag. Jürgen Busch herzlich für die Zurver fügungsstellung einer Kopie des Artikels ]. 1676 Vgl. Gerhart Klaus Wielinger , Hans Kelsen. In : Wolfgang Mantl ( Hrsg. ), Politik in Österreich. Die Zweite Republik  – Bestand und Wandel (= Studien zu Politik und Verfassung 10 ), Wien  – Graz 1992 , 769 ; weiters : Métall , Hans Kelsen , a. a. O., 54. 1677 Betrieben hatte den Ruf der Kölner Rektor und „überzeugte Demokrat“ Fritz Stier-Somlo. Vgl. Ehs , Vertreibung in drei Schritten , a. a. O., 158 ; vgl. weiters : Métall , Hans Kelsen , a. a. O., 56 f. 1678 Siehe dazu : Oliver Lepsius , Hans Kelsen und der Nationalsozialismus. In : Walter / Ogris / Olechowski ( Hrsg. ), Hans Kelsen : Leben  – Werk  – Wirksamkeit , a. a. O., 273.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Untertitel
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Autor
Christian H. Stifter
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
762
Schlagwörter
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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