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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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399 Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung nicht in Opposition zum Nationalsozialismus1707  –, sondern hatte sich , wie Oliver Rath- kolb klar nachgewiesen hat , auch schon in illegalen NSDAP-Kreisen engagiert.1708 Eine klare persönliche Stellungnahme oder deutliche Distan zierung zur NS-Zeit hat Verdross , der sich selbst nach Kriegsende zum NS-Gegner beziehungsweise zum „Opfer“ stilisierte  – von halbherzigen Recht fertigungen ab ge sehen1709  – nie abgegeben ; immerhin hatte sich für seinen universi tären Verbleib nach 1938 Wehrmachtsgeneral Alfred Jodl eingesetzt und immer hin hatte Verdross 1943 per Führererlass das „silberne Treuedienstzeichen“ verlie- hen bekommen.1710 Nach Beschluss des Fakultätsgremiums1711 wurde Kelsen am 28. April 1947 von Bundes minister Hurdes zum Honorarprofessor ernannt , in der Hoffnung , damit würde Kelsen „die Möglichkeit gegeben werden , an unserer Fakultät wieder Vorlesun- gen zu halten , was zweifellos von allen Kollegen und Hörern wärmstens begrüßt werden würde.“1712 Nach einer Einladung der Universität Wien , Vorlesungen über „Probleme politischer Theorie“ zu halten , wandte sich Kelsen schließlich im September 1947 an die Reorientation Branch der Civil Affairs Division im Pentagon. In einem Schreiben gab Kelsen zu verste- 1707 In diesem Zusammemhang konstatiert Anthony Carty : „There is no doubt but that Verdross thought he could work with National Socialists [ … ]. In particular the records available , mainly Nazi police archives , show that his scholarly work and academic and political activity were all closely scrutinized , leading to the firm conclusion that Verdross was not of their society , albeit he could hardly be accused of being in opposition to them.“ Anthony Carty , Alfred Verdross and Othmar Spann : German Romantic Nationa- lism , National Socialism and International Law. In : European Journal of International Law , 6 , 1995 , 78 f. Für diesen Literaturhinweis danke ich Herrn Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb. 1708 Rathkolb , Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät , a. a. O., 217 f. 1709 Vgl. Irmgard Marboe , Alfred Verdross  – Ein Mann des Widerspruchs ? Teil 1. Verdross’ Völker rechts theorie vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus. In : Alfred Verdross  – Ein Mann des Widerspruchs ? Verdross im Gefüge der Wiener Völkerrechtswissenschaft vor und nach 1938. In : Thomas Olechowski / Ilse Reiter et al. ( Hrsg. ), Vertriebenes Recht  – Vertreibendes Recht. Die Wiener Rechtswissenschaftliche Fakultät zwi- schen 1938 und 1945 , Wien 2010 , 15 [ unver öffen tlich tes Manuskript. Für die Einsichtnahme sei an dieser Stelle Kollegen Mag. Jürgen Busch herzlich gedankt ] ; in einer Beurteilung von Verdross’ Verhalten nach dem Anschluss hatte der kom missarische Dekan Ernst Schönbauer ge schrieben : „Nach dem Umbruche be- nahm er sich zunächst radikal nationalsozialistisch. Als ich ihm aber freund schaftlich sagte , das passe nicht für ihn , liess er davon ab und benahm sich seither würdig“. Zit. nach : Busch , Alfred Verdross , a. a. O., 33. In den Erinnerungen von Joseph T. Simon wird Verdross’ im Hinblick auf seine Haltung gegenüber jüdischen Studierenden entlastet , indem dieser schrieb , dass Verdross einer der wenigen Universitästprofessoren war , der jüdische Studenten bei Ausschreitungen an der Universität über die Hintertüre ins Freie verhalf. Vgl. Joseph T. Simon , Augenzeuge. Erinnerungen eines österreichischen Sozialisten. Eine sehr persönliche Zeit- geschichte. Mit einem Vorwort von Charles Gulick. Hrsg. v. Wolfgang Neugebauer , Wien 1979 , 82 1710 Vor diesem Hintergrund kommt Verdross’ Bemühen um Verleihung einer Honorar professur an Kelsen eine unzweifelhaft psychologisch interessante Dimension zu. Busch , Alfred Verdross , a. a. O., 34 bzw. 36. 1711 UAW , Personalakt Hans Kelsen / 13 , Dekanat der Universität Wien an das Bundesministerium für Unter- richt , Dek.Zl.50 aus 1142 aus 1947 , Antrag auf Erteilung der Hon. Professur an Prof. Kelsen , 28. April 1947. 1712 UAW , Personalakt Hans Kelsen / 13 , Prof. Dr. Hans Kelsen , Ernennung zum Honorarprofessor , Ab- schrift der Begründung , a. a. O., 2.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Untertitel
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Autor
Christian H. Stifter
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
762
Schlagwörter
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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