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4. „The democratic way of life in Austria“
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wissenschaftlich-technischen Apparaten , Gegenständen und Biblio theks gut an die Uni-
versität Wien respektive an einzelne Hochschulen zurück transportiert.1793
Während die Universität Wien der sowjetischen Besatzungsmacht 1947 für die Lieferung
größerer Mengen von Kohle , Öl und Petroleum dankte , wurde durch Ver
mittlung von Major
Robert D. Murphy von der Abteilung „Education Relief“ des U.S. State Department sowie
von der Information Service Branch ( ISB ) der USFA darüber hinaus immer öfter auch Ma-
terial für die wissenschaftliche Lehre und Forschung zur Verfügung gestellt.1794
Als Dank für die Hilfeleistungen einerseits sowie als Ausdruck der gegen
seitigen kolle-
gialen Wertschätzung andererseits ehrte die Universität Wien in Folge eine Reihe ameri-
kanischer Besatzungsoffiziere und US-Dienst stellen
leiter. So wurden bereits am 11. Februar
1946 Oberst William B. Featherstone , Major Leigh M. Lott und Major George A. Selke
von der USFA-Education Division „in Würdigung ihrer erfolgreichen Bemühungen um die
Rückführung des wertvollen Universitätsguts“1795 sowie als Dank für die „Beschaffung des
notwendigsten Bau- und Brennmaterials“1796 anlässlich einer Festveranstaltung , an der ne-
ben den Rektoren der Wiener Hochschulen und Vertretern der Hochschülerschaft auch
US-General Haynes und Unterrichtsminister Hurdes teilnahmen , zu Ehrenmitgliedern der
Universität Wien ernannt. In seiner Festrede nahm Minister Hurdes die Gelegenheit wahr ,
darauf hinzu weisen , dass „es notwendig sei , gerade jetzt , wo die Hochschulen so sehr im
Blickfeld der Öffentlichkeit stehen , zu betonen , daß ein Großteil der Professoren nicht durch
den Nazismus verseucht sei , zumal ja viele sofort nach der Besetzung [ d. i. der „Anschluss“,
d. Verf. ] wegen ihrer österreichischen Gesinnung ihres Postens ent
hoben worden waren.“1797
Am 18. Mai 1946 folgte auch die Überreichung der Ehrenmitgliedschaft an Oberst
Thair C. Rich und Major Joseph M. Murphy. Und nach Verleihung des Ehrendoktora-
tes der Staatswissenschaften an General Mark W. Clark bekam schließlich auch Tho-
mas Eliot Benner am 12. Juni 1947 „als wahrer Freund und Förderer des österreichischen
Hochschulwesens“1798 nach eineinhalb Jahren Tätigkeit , noch kurz vor seiner Rück-
reise in die USA , anlässlich einer Feier im Sitzungssaal des akademischen Senats die
Ehrenmitglied schaft der Universität Wien verliehen.
1793 Benner , Synopsis of Post-war Education in Austria , a. a. O., 4.
1794 So zum Beispiel mehrere hunderte Exemplare wirtschaftswissenschaftlicher , sozialwissen schaft licher
oder philosophischer Werke sowie mehrere Jahrgänge ( 1936–1945 ) des Magazins „Readers Digest“.
Universität Wien. Bericht über den Studienbetrieb an der Wiener Universität vom Sommer-Semester
1945 bis zum Sommer-Semester 1947. Erstattet von Prof. Dr. Ludwig Adamovich , Wien 1947 , 66.
1795 Universität Wien. Bericht über den Studienbetrieb an der Wiener Universität vom Sommer-Semester
1945 bis zum Sommer-Semester 1947. Erstattet von Prof. Dr. Ludwig Adamovich , Wien 1947 , 35 f.
1796 Akademische Rundschau. Organ der Österreichischen Hochschülerschaft. Wochen schrift für Wissen schaft ,
Kultur , Kunst und Wirtschaft , 1. Jg., 1946 , Folge 16 , 6.
1797 Ebd.
1798 Universität Wien. Bericht über den Studienbetrieb an der Wiener Universität vom Sommer-Semester
1945 bis zum Sommer-Semester 1947. Erstattet von Prof. Dr. Ludwig Adamovich , Wien 1947 , 36.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741