Seite - 430 - in Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Bild der Seite - 430 -
Text der Seite - 430 -
4. „The democratic way of life in Austria“
430
des ( NSDSTB ) vom Kameradschaftsführer beziehungs weise von der Referentin aufwärts
sowie national sozialistische Führungsoffiziere der Wehrmacht.1842
Alle anderen Inskriptionswerber , insbesondere ehemalige Offiziere der Deutschen
Wehrmacht , Mitglieder anderer NS-Organisationen , Förderer der NSDAP und „nicht-
organisierte Nationalsozialisten , die sich durch Denutiation [ sic ] , Mitarbeit oder sonst
wie hervorgetan haben , sind einer strengen Prüfung zu unterziehen“ – dabei wurde der
Nachweis antifaschistischer Betätigung „noch vor der Befreiung Österreichs sowie Kriegs-
versehrtheit positiv gewertet“:
„Minderbelastete dieser Art , deren österreichische und demokratische Einstellung für die Zu-
kunft ausser Zweifel stehen , kann gelegentlich ihrer Zulassung zur Inskription eine Sühne
in Form von Arbeits leistung für den Wiederaufbau der Hochschule in der Dauer von ein bis
sechs Monaten vorgeschrieben werden , die in das Studienbuch einzutragen ist und von deren
Erfüllung die Semesterbestätigung abhängt.“1843
In einer Verordnung des Staatsamtes für Unterricht vom 11. August 1945 wurde zur politi-
schen ‚Säuberung‘ der Studierenden durch die Studentenvertretungen fest gehalten :
„Die Mitarbeit bei der den akademischen Behörden obliegenden Säuberung der öster-
reichischen Hochschulen von politisch untragbaren oder unerwünschten Studenten gehört
zum Aufgabenkreis der demokratischen Studentenschaft. Durch diese Mitarbeit wird jedoch
weder die den akademischen Behörden in Inskriptions- und Immatri
kulationsangelegenheiten
obliegende Entscheidungsgewalt , noch auch Diziplinar gewalt der akademischen Behörden
berührt. Demgemäß wird sich die demokratische Studentenschaft auf die Durch
führung der
Vorerhebungen für das Rektorat zu be schränken haben , um dessen Entscheidung über den
Ausschluß antiösterreichischer oder antidemokratischer Personen vom Studium oder die Er-
greifung sonstiger Maßnahmen gegen solche Elemente vorbereiten zu helfen.“1844
Der am 1. Februar 1946 von den drei demokratischen Studentenorganisationen er nannte
Vorsitzende der österreichischen Hochschülerschaft , Karl Leutgeb , der Rudolf Wengraf1845
nachfolgte , formulierte die Grundsätze der Studentenvertretung : sie hielten neben der „Ver-
1842 UAW , Dekanatsakten , Phil. Fakultät , 513–1945 / 46 , Erlass des Unterrichtsministeriums ( Z.3040 / III–
46 ) [ auf Basis des Erlasses vom 16. 8. 1945 , Z.3423 / 45 ].
1843 Ebd., 2.
1844 Verordnung Z 3153 / III / 4a / 45 vom 11. August 1945. Zit. nach : Forster , Die Ge schichte der Österrei-
chischen Hochschülerschaft 1945–1955 , a. a. O., 24.
1845 Wengraf war im April 1945 von Staatssekretär Ernst Fischer im Einvernehmen mit dem neuge bildeten
akademischen Senat der Universität Wien an die Spitze der Studentenschaft gesetzt worden. Vgl. dazu :
Eduard Rabovsky [ sic ; recte : Rabofsky ] , Die kommunistischen Studenten. In : Akademische Rundschau , 1.
Jg., 1946 , Nr. 19 , 6.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741