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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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441 Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung „Hat sie zum Beispiel niemals der Gruß ,Heil Hitler !‘ allein schon gestört , waren sie nicht imstande , seine abgründige Idiotie zu empfinden , und von da aus aufsteigend Kausalitäten zu erfassen , die eben zum Äußersten , zum Krieg und zu dem anderen , anfangs straff organisier- ten , zum Schluß in Paroxysmus ausgeübtem Massenmord der Kon zentrationslager führte  – sie , deren Beruf als Wahrheitssucher es doch ist , Kausali täten zu durchschauen ?“1896 Wenn sich demnach  – so die durchdachte Argumentation jener zeitgenössischen Kritiker der Wissen schafts politik nach 1945  – ehemalige national sozialistische Hoch schul professoren , die während des NS-Regimes zu den „geistigen Führern der Nation“ zählten , nun als ideolo gisch Verführte zu ent schul digen versuchten , hätten sie damit gewissermaßen selbst ihr „intellek- tuelles Ver nichtungs urteil gesprochen.“1897 Dass kritische Reflexionen dieser Art keineswegs nur auf öffentlich verhandelte Einzel fälle zugeschnitten , sondern gleichsam ein Reflex auf die gesell schaft liche Praxis einer spezifisch eindimensionalen Form von „Vergangenheitsbe- wältigung“ ( nicht nur im akademischen Bereich ) waren , zeigt sich unter anderem auch am Beispiel der universitären ‚Säuberungsmaßnahmen‘ in den einzelnen Bundesländern. Besonders stark ausgeprägte restaurative Tendenzen sind im Fall der Universität Inns- bruck festzustellen , wo die Diskriminierung liberaler , rational-moderner und demo krati- scher Ansätze zugunsten einer katholisch-konservativen , vormodernen , anti intellektu- ellen sowie antisemitischen Grundhaltung den traditionellen geistigen Humus bilde ten. Trotz der Suspendierung zentraler NS-Hochschulfunktionäre wie des Historikers und „Anschluss“-Rektors Harold Steinacker und anderer exponierter NS-Partei genossen ,1898 zeigt sich in der Säuberungspraxis nicht nur eine gewisse Beliebig keit , die nicht selten per- sönliche Konkurrenz zur Grund lage hatte , sondern darüber hinaus auch dezidiert Bemü- hungen um eine Rehabili tierung der „Opfer“ der Befreiung im Jahr 1945. Einige , mit selt- sam verdrehten Argumenten begründete Weiter verwendungen von Lehr personen konnten erst auf massiven Druck der französischen Militärbehörden ( temporär ) rückgängig ge- macht werden.1899 Und das , obwohl auch in Tirol im Oktober 1945 Sonder kommissionen 1896 Die Wehrlosen. Zum Problem der nationalsozialistischen Hochschullehrer. Ver einigung demo krati scher Hochschullehrer Österreichs , Wien 1946 , 7. 1897 Ebd., 9 f. 1898 So bspw. die belasteten Philosophen Walter Schultze-Soelde und Walter Del Negro , der Althistoriker Franz Miltner oder der Volkskundler Adolf Helbok. Vgl. Peter Goller / Gerhard Oberkofler , Universität Innsbruck. Entnazifizierung und Rehabili tation von Nazikadern ( 1945–1950 ), Innsbruck 2003 , 14 ff. 1899 So im Fall des Leiters des 1939 errichteten „Erb- und rassen biologischen Instituts“, Friedrich Stumpfl , der erst 1946 auf Druck der französischen Besatzungsmacht entfernt wurde , wobei allerdings andere NS-Aktivisten wie der Psychiatrieprofessor Hans Ganner oder der Physiologe Theodor Wense nach- rückten. Ein anderer Fall in diesem Zusammenhang ist der am 15. April 1946 trotz positiven Erstü- berprüfungsverfahrens an der Universität Innsbruck durch das ministerielle Ent nazi fi zierungs komitee enthobene Geograf Hans Kinzl ( 1898–1979 ), der 1934 in Heidelberg dem SA-Sturm beigetreten war und somit in Österreich nicht als „Ille galer“ gezählt wurde. Rektor Karl Brunner setzte sich gegen starken Druck der französischen Militärverwaltung für die Belassung Kienzls ein , und zwar mit Erfolg :
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Untertitel
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Autor
Christian H. Stifter
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
762
Schlagwörter
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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