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4. „The democratic way of life in Austria“
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sowie eine „fieberhafte Gerücht- und Flüster propa ganda“1912 drängten auf einen Streik der
Studentenschaft , zu dem es dann schließlich doch nicht kam.
Erleichtert über den geringen Widerhall der Provokateure und die „ehrliche“ Em
pörung
der meisten Grazer Studierenden , sah sich die Akademische Rundschau an gesichts der Rea-
lität des Studienbetriebes dennoch zur Kritik am Status quo genötigt
– sie stellte fest , dass
sich der „Geist der Vorlesungen [ … ] kaum geändert“ hätte. Immer noch werde „Preußen
verherrlicht und Österreichs ‚Groß deutsche Sendung‘ im Südosten betont. Selbst in total
unpolitischen Fächern kann man sich Seiten hiebe auf Österreich , einzelne Parteien und
Alliierte nicht enthalten. Kein Wunder bei der politischen Vergangenheit des überwiegen-
den Teiles der Professoren ! Fast jeder war Pg. und füllte als solcher seinen Posten voll und
ganz aus , er war vielleicht sogar höherer SA- oder SS-Führer , was hier bis jetzt durchaus
nicht immer ein Hindernis ist , den Lehrstuhl weiter zu behalten.“1913
Wie aus einem Bericht des alliierten De-Nazifizierungskomitees hervorgeht , befanden
sich unter den 66 Professoren an der Universität und den Hochschulen in Graz und Le-
oben insgesamt 25 , die – aufgrund ihrer NSDAP-Mitgliedschaft belastet – wegen „Uner-
setzbarkeit“ weiter in Dienst belassen wurden : „[ … ] in all cases , the Landes haupt mann
and the professorial committee recommended retention on grounds of indispensibility.“1914
Inwieweit die geschilderten Zustände mit der zonalen Politik der Britischen Militär-
behörden im Zusammenhang stehen , lässt sich zum gegenwärtigen Stand nur vermuten , da
über die britische Hochschulpolitik im Zusammenhang mit den politischen ‚Säuberungs-
maßnahmen‘ bisher noch keine Fallstudie vorliegt. Tatsache ist , dass die lokalen britischen
Militärbehörden nach einer harten , auf Bestrafung zielenden ‚Säuberungs phase‘ nach Ab-
zug der Sowjets Ende Juli 1945 – wobei die „Illegalen“ allerdings weitgehend verschont
blieben1915 – bald einen pragmatisch-formalen Kurs in der Entnazifizierung einschlugen ,
der jedoch von Ambivalenzen geprägt war. Gegenüber den Anhängern des Austrofa-
schismus war man deutlich „milder ge stimmt“,1916 um die „gesellschaft liche Versöhnung
Österreichs“1917 nicht zu gefähr
den , ging in der Verhaftungs- und Entnazifizierungs praxis
aber vergleichsweise strikt vor. Grundsätzlich vertraten die Briten die Ansicht , dass die
1912 Ebd., 4.
1913 Ebd.
1914 Der Bericht enthält die vollständigen Namenslisten und Kurzangaben ( inklusive NSDAP-Beitritts-
datum ) aller belasteten aber weiter in Dienst gestellten Professoren sowie die Namenslisten aller ent-
hobenen Lehrkräfte. Siehe : Report of Quadripartite Sub-Committee on Denazification in Austrian
Universities , 7. September 1946. NARA II , RG 260 , Box 11 , Folder 68. Records of the United States
Occupation Headquarters , World War II , USFA / USACA , Internal Affairs / Displaced Persons Divi-
sion , Denazification Branch , General Records , 1945–50 , 3.
1915 Siegfried Beer , Die britische Entnazifizierung in Österreich 1945–1948. In : Schuster / Weber ( Hrsg. ), Ent-
nazifizierung , a. a. O., 406.
1916 Robert Knight , Britische Entnazifizierungspolitik 1945–1949. In : Zeitgeschichte , 14. Jg., 1987 , Heft 9–10 ,
289.
1917 Ebd.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741