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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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507 Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung the souls of young people throughout years by national socialism. This poison must be attacked stubbornly by a spiritual therapy. It will be a slow and organic process.”2188 [ Hervorhebung d. Verf. ] Die hier ausführlich zitierte , an den Secretary of State , George C. Marshall , vertrau lich weitergeleitete Analyse eines österreichischen Gelehrten , bediente sich einer Argumenta- tion , die den pragmatischen , zunehmend auf Einflusssphären politik orientierten amerika- nischen Interessen auch in geostrategischer Hinsicht durch aus entgegen kam. Ihrem politischen Grundgehalt nach war die Argumentation zwar klar von demokrati- schem Geist geprägt , in ihrem überzogenen antisowjetischen Ressen timent2189 spielte sie aber bereits auf der rhetorischen Klaviatur des Kalten Krieges , um so öster reichische Zie- le  – vorrangig die Wiedererlangung der staatlichen Souveränität  – zu fördern ; eine wohl ebenso verdrehte wie weit verbreitete Haltung , auch um den Preis , dass eine schonungslose Themati sierung der von den Sowjets teilweise zu Recht angeprangerten Missstände im Bereich der Entnazifizierung künftig nur mehr unter der Verdächtigung kommunistischer Ideologie möglich war. Wie überaus real das Überdauern reaktionären Gedankengutes in den Köpfen öster- reichischer Uni versitäts professoren jener Zeit mitunter war , und mit welcher Selbst- verständlichkeit bereits zwei Jahre nach Kriegsende der Nationalsozialismus öffentlich ver- harmlost werden konnte , ohne Sanktionen nach sich zu ziehen , davon zeugt unter anderem das Fallbeispiel des Theologen Gustav Entz. 2190 Gustav Entz , Dekan der Evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Wien vor 1938 und auch während der NS-Zeit , seines Zeichens NSDAP-Parteianwärter und über zeugter Nationalsozialist ,2191 befand sich 1946 bereits wieder als Dekan in Amt und 2188 Ebd., 5. 2189 Der hier vorgetragene Rösselsprung , wonach die besatzungspolitische Präsenz der Sowjets am Fort leben des Nationalsozialismus in Österreich schuld wäre , bedient sich freilich unterschwellig , und das erscheint an der Argumentation als besonders fatal , nationalsozialistischer Stereotype , wonach der Bolsche wismus quasi als Ursache für den nationalsozialistischen ‚Abwehrkampf‘ anzusehen sei. Eine „logische“ Analyse des kuriosen Rösselsprungs ließe sich so lesen : Dadurch , dass die Sowjets das befreite Österreich ex post als Feindesland behandelten ( sofern der Fall ), das Österreich aber gar nie war , kann in Österreich fort- leben , was vorher gar nicht existiert hat. 2190 Gustav Entz ( 1884–1957 ), bis 1922 Pfarrer der Gemeinde Wien ; ab 1922 Ordinarius für Praktische The- ologie an der Universität Wien , wo er 1938 Dekan wurde. Entz war Gegner des „christlichen Ständestaats“ und glühender Anhänger des Nationalsozialismus. 1939 wurde er Mitarbeiter am „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“. Seinem Antrag auf Mitglied- schaft in der NSDAP wurde angeblich wegen früherer Zuge hörigkeit zu einer Freimaurerloge nicht gefolgt. Siehe : http://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Entz [ Zugriff 21. 2. 2008 ] 2191 In einem Brief gegenüber dem Gauleiterstellvertreter von Wien , SS-Oberführer Scharizer , vom Mai 1940 , worin er neuerlich auf Aufnahme in die NSDAP drängte , stellte sich Entz diesem gegenüber als ein schon in der „Verfolgungszeit“ „anerkannter treuer Kämpfer“ dar. DÖW-Mikro film. Zit. nach : Weinert , Entnazi fizierung der Hochschulen , a. a. O., 266.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Untertitel
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Autor
Christian H. Stifter
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
762
Schlagwörter
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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