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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg 520 der geistigen Erneuerung und die moralische Verantwortung angesichts der unfassbaren Gräuel zu verweisen , wie beispielsweise im Frühjahr 1946 : „Dieses System dauerte in Deutschland seit 1933 , in Österreich seit 1938. Warum konnte es so lange dauern ? Weil die grosse und vor allem auch die repräsentative deutsche und österrei- chische Öffentlichkeit dazu geschwiegen hat. Weil sie feig und blind war. Weil sie sagte , sie wüsste nichts davon , weil sie befürchtete , bei einer entscheidenden Stellungnahme dagegen selbst ins KZ zu kommen. [ … ] Heute wird zwar zunächst ein bisschen registriert und dann wie- der entregistriert. Dann wird vertuscht und gelogen. Es wird entschuldigt und entstellt. Es wird im Trüben gefischt und die Spuren werden raffiniert verwischt. Das geht aber nur eine Zeitlang. [ … ] Um aber zu verhindern , dass bis dorthin das Gedächtnis und das Gewissen einschläft , rufen die Filme des Grauens die bisher Unbelehrbaren schon jetzt zur Besinnung , zur Einkehr , zur Umkehr. Wer bisher noch nicht seine Schuld oder Mitschuld erkannt hat , wird es von hier ab tun. Die Wahrheit des Filmstreifens die den Weg zur unaus schöpflich grausamen Wirklichkeit weist , wird zur letzten Mahnung.“2225 [ Hervorhebung der Verfasser ]. Die weitgehend „unpolitische“ Kontrolle der US-Militärbesatzung in der unmittel baren Nachkriegszeit wurde ab 1946 / 47 von einem neuen Paradigma abgelöst , das zumindest ei- nen langfristigen Planungs horizont der Demo kratisierungs -Bemühungen aller mit dieser Problematik befassten amerikanischen Einrichtungen  – ob nun ziviler oder militärischer Provenienz  – zur Grundlage hatte , und Reeducation- beziehungs weise demokratische Reorien tierungs-Maßnahmen in den Vordergrund rückte : die bisherige ‚Säuberungs- politik‘ im Sinne eines  – mehr oder minder verlässlichen  – Austausches nur der Führungs- positionen hatte demnach als Paradigma vollends ausgedient. Bereits im Jänner 1945 hatte der militärische US-Geheimdienst OSS ein Memoran- dum verfasst , das OSS-Interviews mit fünf prominenten deutschen Schriftstellern  – Tho- mas Mann , Alfred Döblin , Lion Feuchtwanger , Emil Ludwig und Bruno Frank  – zur Frage „What to do with Germany“ zusammenfasste. Darin zeigten sich die Befragten in Bezug auf die Reeducation-Maßnahmen tendenziell skeptisch und vertraten den Stand- punkt , dass Reeducation nur in Form einer demokratischen „Selbst erziehung“ Sinn ma- chen würde. Feuchtwanger sah die Reeducation sogar als entbehrlich an , da die Wurzeln des „Hitlerismus“ seiner Meinung nach in der deutschen Gesellschaft nicht besonders tief verankert wären : schon eine länger dauernde militärische Präsenz würde dem nach effizient genug sein , um insbesondere in der Jugend einen Einstellungs wandel zu bewirken. Tho- mas Mann meinte , dass die demokratische Vorbild wirkung und Führung der Alliierten die wohl beste Form einer „Umerziehung“ wäre. Döblin sprach sich hingegen zwar für 2225 Viktor Matejka , Lager des Grauens. Rede gehalten anlässlich der Aufführung von Dokumentarfilmen über die Lager Dachau , Buchenwald , Belsen , Majdanek , Auschwitz etc. In : Austro American Tribune. Anti-Nazi Monthly , Vol. IV , No. 9 , April 1946 , 9.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Untertitel
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Autor
Christian H. Stifter
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
762
Schlagwörter
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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