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5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg
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dungs- und Erziehungs systeme in den ehe maligen Achsenstaaten zu unterstützen und zu
begleiten , sollten den US-Militär verwaltungen , zusätzlich zur bereits bestehenden Infra-
struktur , hochrangige zivile Experten beigestellt werden ; sie sollten
– neben der primären
Aufgabe der Reorientierung des gesamten Erziehungs- und Bildungswesens – auch alles
verfügbare Quellenmaterial „concering the efforts of Nazism to penetrate German and
foreign educational systems , openly or secretly“ zusammentragen , um auf Grundlage die-
ser Materialsammlung künftig gezielte Studien zur NS-Erziehung und Indoktrinierung
betreiben zu können.2234
“Outstanding educators , both men and women , should be invited to serve on the Board of Edu-
cational Advisors. Educational experts who were prominent in the underground fight against
the Axis should be among the first to be invited. [ … ] The different fields of education , from in-
fant to adult education , should be represented [ … ]. The members of the Board should be ready
to give their advice in written form or orally , individually or in groups. If such activity takes
a large portion of their time , they should be released from part of their regular functions.”2235
Wie weit die zitierten Vorschläge des New Yorker „Institute on Re-education of the Axis
Countries“ tatsächlich Einfluss auf die Planungen im State Department hatten , lässt sich
auf Basis der verfügbaren Quellen nicht ermitteln. Die Einrichtung eines eigenständigen
zivilen Reorientierung-Boards sowie die Ausarbeitung einer lang fristigen mentalen De-
mokratisierungs-Agenda , die das bisherige Paradigma der US-Militärverwaltung ablöste ,
wurde jedenfalls knapp eine halbes Jahr später Realität.
Angesichts der zunehmenden Skepsis von US-Auslands korrespondenten und Radio-
Kommentatoren in Bezug auf die verlautbarten Ankün
digungen der kommandie renden
US-Militärs , sich nach den ‚Säuberungs maßnahmen‘ rasch aus allen Agenden der Re-
orientierung zurück zuziehen und sämtliche Bildungs institutionen in die Verantwortung
der Deutschen zu legen , führte das State Department im Dezember 1945 eine verdeckte
Umfrage in der US-Bevölkerung durch. Deren Ergebnis bedeutete in gewisser Hinsicht
Wasser auf die Mühlen des State Depart ments , da sich die überwiegende Mehrheit der
Befragten klar für eine Langzeit-Kontrolle der deutschen Bildungseinrichtungen aus-
sprach.2236 Des Weiteren erstellte das State Department – angesichts der wachsenden öf-
We will be heard. Women‘s struggles for political power in the United States , Lanham 2008 , 110 ; siehe
insbesondere : Sarah Pauline Vickers , The Life of Ruth Bryan Owen. Florida’s First Congresswoman and
America’s First Woman Diplomat , Diss., Florida State University 1994.
2234 Report on the Re-education of Germany , a. a. O., 12.
2235 Ebd., 11.
2236 Auf die Frage „As you know , the United States has taken charge of young people’s education in the part
of Germany [ … ]. Do you feel that we will have to continue education in Germany for a long time , or can
we turn this over to the Germans in a year or two ?“ antworteten 77 % für „continue for long time“, 15 %
„turn over in a year or two“ und 8 % „no opinion“. Zit. nach : U.S : Public Opinion on the German Reedu-
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741