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5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg
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The documentaries reflect the basic philosophy underlying American life : the importance of
the individual in the affairs of his community , State and nation.”2424
Im Rahmen des Office of Educational Exchange ( OIE ) wurde im Frühjahr 1949 mit der
„U.S. Advisory Commission on Education Exchange“ zusätzlich vom US-Präsidenten selbst
ein Beratungs gremium eingerichtet , das aus externen Fach leuten ziviler Bildungseinrich-
tungen zusam men gesetzt war , das die bisher existierende Commission for Inter national
Educational Reconstruction ablöste und künftig dem U.S. Kon gress über die laufenden
Aktivitäten Bericht erstatten sollte.2425 Eine Kernaufgabe der Advisory Commission be-
stand darin , für den Secretary of State Vorschläge zu konkreten Austauschverfahren zu
entwickeln und Konzepte für die Umsetzung vorzuschlagen
– mit zwei Einschränkungen :
„[ … ] with the exception of matters provided by the Fulbright act and those within the ju-
risdiction of the United States National Commission for UNESCO.“2426
Die Aufgaben der aus extern hinzugezogenen Erziehungsfachleuten bestehenden Ad-
visory Commission , die wohl das im Smith-Mundt Act eingeforderte Engagement priva-
ter US-Einrichtungen gewährleisten sollte , umriss deren Vorsitzender Harvie Branscomb
in mahnenden Worten : sie sollten angesichts der aktuellen kommunistischen Bedrohung
der individuellen Freiheit und der Selbstbestimmungs möglichkeiten des Einzelnen durch
„some superior authority backed by force“2427 erneut die humanis tisch-philanthrope , frie-
densliebende und auf Kooperation setzende Dimension des Reorientierungs -Diskurses zi-
viler Stellen zur Zeit des Krieges wachrufen und zugleich davor warnen , die Informations-
und Kulturoffensive nicht als Werkzeug propagandis tischer Beeinflussung einzusetzen.
“We do have a stake in the preservation of a world order in which countries can live at peace
without the maintenance of vast military forces and in which trade and travel flow beneficially
across national borders. [ … ] As champions and defenders of the hard-earned liberties of the
ordinary man and of the freedom of nations from aggression , we have many companions and
allies. It will be cooperation among those nations and people who believe that the spiritual her-
itages of race are worth preserving that the present difficulties will be overcome and the prob-
lems of our time resolved. [ … ] The program of educational and cultural exchange – not cultural
penetration
– rests thus upon a simple and familiar principle. Neighbors who are to cooperate need to
2424 Telling America’s Story abroad , a. a. O., 8 f.
2425 Vorsitzender des Komitees war Harvie Branscomb ( Rektor der Vanderbilt University ); stellver tretender
Vor sitzen der war Mark Starr ( Educational Director der International Ladies’ Garment Workers Union );
weitere Kommissionsmitglieder waren : Harold Willis Dodds ( Präsident der Princeton University ), Ed-
win B. Fred ( Präsident der University of Wisconsin ), Martin R. P. McGuire ( Professor an der Catholic
University ). Siehe : Trading Ideas with the World , a. a. O., 1.
2426 International Educational Exchange. United States Advisory Commission and the Program of the De-
partment of State , a. a. O., 1 f.
2427 Ebd., 3.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741