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5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg
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Allerdings zeichneten sich aber auch hier Konfliktlinien und Auffassungsunterschiede
zwischen dem Department of State und dem War Department ab , auf die an dieser Stelle
aber nicht eingegangen werden muss. Die genannten Beispiele mögen an dieser Stelle
genügen , um zu verdeutlichen , welche weitreichenden Planungsszenarien zu Beginn des
Jahres 1949
– und bei Teilen der US-Diplo matie bekannt
– bereits im Spiel waren.
Der Beginn der weltweiten „Truth-Campaign“ bedeutete , wie Außenminister Dean
Acheson in Bezug auf die enormen finanziellen Aufwendungen hervorstrich , „not only
a sharp step-up in operations bust also a redirection of the total effort to meet the Soviet
challenges“.2483
Von nun an erhöhte sich nicht nur das Tempo aller Operationen , sondern auch das Bud-
get für die Produktion des benötigten Propagandamaterials : „Production of pamphlets , a
top priority item in the psychological offensive , was greatly increased [ … ] Film production
was expanded and redirected more specifically to the critical areas [ … ] opening new U.S.
Information Centers [ … ] a book translation program was also stepped up [ … ]“.2484
Besondere Aufmerksamkeit galt dem Ausbau der täglichen Radioprogramme der „Voice
of America“ ( VOA ), deren Fokus auf die Berichterstattung über die sowjetischen Pläne zur
„Welteroberung“ und die notwendige Konsolidierung der westlichen Demokratien im Zu-
sammenhang mit einer beschleunigten Wiederaufrüstung im Rahmen des Atlantikpaktes
gerichtet war.2485 Ab 1950 erreichten die VOA-Programme mit einer täglichen Sendezeit
von einer halben Stunde über Deutschland auch Österreich.2486
Darüber hinaus wurden in der Presse antikommunistische Artikel lanciert ,2487 ent-
sprechende Broschüren und Magazine – zum Beispiel Amerika 2488 – in millionen facher
Auflage gedruckt ,2489 leicht verständliche antikommunistische Cartoons gestal tet2490 und
Filme für „key audiences“ in den jeweiligen Ländern gedreht , „to expose communism and
2483 Launching the Campaign of Truth. First Phase. Sixth semiannual Report of the Secretary of State to
Congress on the International Information and Educational Exchange Program ( July 1 to December 31
1950 ), Department of State Publication 4375. International Information and Cultural Series 19 , Divi-
sion of Publications. Office of Public Affairs , Washington D.C. 1950 , 1.
2484 Launching the Campaign of Truth , a. a. O., 2.
2485 Ebd., 4.
2486 Ebd., 53.
2487 Ebd., 8.
2488 „The Magazine Amerika continued to carry the truth about the United States to the people of the Soviet
Union despite drastic Soviet efforts to throttle distribution.“ Zit. nach : Launching the Campaign of
Truth. First Phase , 10.
2489 Ebd., 10.
2490 Vorgesehen war : „[ … ] production more than a dozen cartoon-style booklets , revealing in simple , dra-
matic presentation the false claims and direct personal threat of Communist aggression to the individual
farmer and worker in vital areas of Europe , Asia , and Latin America.“ Zit. nach : Launching the Cam-
paign of Truth. First Phase , 9.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741