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Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar –akademische Freiheit mit Hindernissen
as they follow their careeres in teaching , scholarship , or other professional work. [ … ] Perhaps
their greatest immediate value was to destroy some of the stereotyped images that Europeans have of
Americans ( just as Americans have stereotyped images of the Frenchman , the Norwegian , the
German , the Italian ). No one could stay at Leopoldskron without realizing that the concep-
tions of the American character held even by cultivated Europeans are vastly oversimplified if
not downright misleading.”2578 [ Hervorhebung d. Verf. ]
In seiner Eröffnungsansprache hielt Matthiessen ausdrücklich fest , dass es sich bei dem
Seminar um keine Veranstaltung handle , die unter den Teilnehmenden doktrinär die „Pax
Americana“ befördern solle , betonte aber gleichzeitig , dass diese intellek tuelle Zusammen-
kunft vom Bekenntnis zu den Werten der amerikanischen Demo kratie getragen sei : „All of
us come nonetheless with a strong conviction of values of American democracy [ … ]“.2579
Einer dieser Werte war aus Sicht der Veranstalter und der Seminar-Vortragenden2580
der freie Gedankenaustausch. In ihrem Erfahrungs bericht meinte die US-amerikanische
Anthropologin Margaret Mead als eine der ersten Vortra genden in Schloss Leopoldskron
hinsichtlich des strikt unpolitischen Charakters der Zusammenkünfte :
“The Salzburg Seminar plan was a product of the sort of crossnational thinking on which it will
be necessary to rely in constructing a more closely knit and more mutually intelligible world
[ … ]. To make American civilization a genuine area of communication meant that the Semi-
nar had to be strictly disassociated from any government or propagandic venture and that the
content had to be cultural , and relatively free from political controversy.”2581
2578 Smith , The Salzburg Seminar , a. a. O., 34 f.
2579 Zit. nach : Schmidt , Civil Empire by Co-optation , a. a. O., 319.
2580 Dies waren 1947 : Margaret Mead ( American Museum of Natural History ), F. O. Matthiessen ( Har-
vard ), Alfred Kazin , Vida Ginsberg ( New School of Social Research ), Richard Schlatter ( Rutgers ), El-
speth Davies ( Sarah Lawrence ), Benjamin Wright ( Harvard ), Neil McDonald ( New Jersey College
for Women ), Vasilly Leontieff ( Harvard ), Lyman Bryson ( Columbia ) und Walt Rostow ( Oxford ). 9.
NARA II , RG 260 , EDU-DIV , Box 5. Martin F. Herz , American Legation , Vienna [ Draft Despatch ] ,
1948 , Policy considerations in connection with the „Seminar on American Civili zation“ at Leopoldskron
Castle , Salzburg , 1. 1948 bestanden die vortragenden „Faculty members“ aus folgenden Personen : Henry
Nash Smith ( University of Minnesota ), Randall Jarrell ( University of North Carolina ), John Finch
( Dartmouth College ), Walter Johnson ( University of Chicago ), Thomas D. Clark ( University of Ken-
tucky ), Robert Horn ( University of Chicago ), Wasilly Leontief [ sic ] ( Harvard University ), William G.
Rice ( University of Wisconsin ), Talcott Parsons ( Harvard University ), James Johnson Sweeny ( Former
curator of the Mueseum of Modern Art , New York ). Siehe : Recordings of the U. S. Department of State
relating to the Internal Affairs of Austria 1945–1954 ( Mikrofilm-Bestand Institut für Zeitgeschichte der
Universität Wien ), Decimal File , Reel 6 , 1945–1949 , Report to the Secretary of State , Washington D.C.,
21. Oktober 1948 , 2 f.
2581 NARA II , RG 260 , EDU-DIV , Box 5. Martin F. Herz , American Legation , Vienna [ Draft Despatch ] ,
1948 , Policy considerations in connection with the „Seminar on American Civili zation“ at Leopoldskron
Castle , Salzburg , 3.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741