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Umstrukturierung und Expansion
“Experience in Austria to date favors mature types , although of course younger men are not ruled
out. A person who has ‘arrived’ in his business or profession is a known quantity – the youngster on
his way up is not. He may or may not attain a position of responsibility. The older men also ap-
pear to set a higher value on the opportunity which the reorientation program affords. It was
almost universally found that the men of real caliber could not spend over 60 days on a trip to
the US. Also , the limited salary offered was not an important inducement to such men. Those
candidates who could get away for 6 month or more almost invariably turned out to occupy positions
of little or no importance.”2609 [ Hervorhebung d. Verf. ]
Der Aufenthalt in den Vereinigten Staaten selbst sollte vom Programm her möglichst nicht
zu dicht gestaltet werden , damit genügend Zeit für kulturelle Aktivitäten bliebe : „observa-
tion of cultural activities and every-day life ( concerts , theaters , sports , luncheon clubs , lib-
raries , museums , public buildings , state or national capitols , courts , etc. ) [ … ]“. Außerdem
sollten sich die Besichtigungstouren , wie von den öster reichischen „Visiting Experts“ oft
gewünscht wurde , nicht nur auf die großen Städte beschränken , sondern ebenso kleinere ,
allenfalls auch ländliche Gemeinden umfassen :
“Every effort is made now to include smaller cities and institutions , because Austria is a small
nation of small towns , cities , and institutions , except Vienna. Also American democracy , tol-
erance , neighborly spirit , political life , etc., can be better seen and understood in the smaller
communities.”2610
In Summe wurden in diesem ersten Jahr der USIE-Austauschprogramme in Öster reich ,
die unter anderem aus Mitteln des „Government and Relief in Occupied Areas“ ( GARI-
OA Project 414–415 ) finanziert wurden , 25 „Austrian National Leaders“ für einen einein-
halb- bis dreimonatigen Aufenthalt in den Vereinigten Staaten aus gewählt.2611
Wie aus dem ersten Jahresbericht hervorgeht , dürften sich in dieser Anlaufphase aller-
dings einige organisatorische und administrative Probleme ergeben haben : „The program
was slow in starting for various reasons : definitive information on the funds available was
somewhat late , guidance and information on this very gradually [ … ]“.2612
Auch in umgekehrter Richtung schien nicht alles zu klappen : Von den ursprünglich 15 für
Österreich vorgesehenen „US Expert Consultants“ kamen 1949 schließlich nur ganze drei an.2613
2609 NARA II , RG 260 EDU-DIV , Box 5 , Folder 3. Joseph Z. Schneider , Chairman , Reorientation Com-
mittee , Maj. Galen Snow , Coordinator , The Reorientation of Austrian National Leaders’ Program. Re-
port of Reorientation Committee for FY 1949 and Recommendation for Future , 2. September 1949 , 7.
2610 Ebd., 9.
2611 Ebd., 1.
2612 Ebd.
2613 Dies waren : Stanley N. Brown ( „Industrial Finance“, für 3 Monate ), Jay H. Hubell ( „American Litera-
ture“, für 3 Monate ), William E. Brewster ( „Industrial Administration“, für 5 Monate ); NARA II , RG
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741