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6. Endphase der Besatzung
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dollars into [ … ]“.2675 Unter Verweis auf seine guten per sönlichen Kontakte zu hochrangi-
gen US-Militärs2676 sowie insbesondere zu allen öster reichischen „University officials and
faculties , scientific and cultural organi zations“ bot sich Williams kurzerhand dem State
Department als Konsulent mit Erfahrung und Expertise an und teilte mit , er sei auch be-
reit , sich selbst kurzfristig für eine Österreich-Mission zur Verfügung zu stellen. Williams
entpuppte sich dabei als ultra-konservativer Hardliner , der angesichts der politischen Krise
in Österreich offen seine ‚Kritik‘ darüber äußerte , dass unter den für Österreich zustän-
digen Beamten des State Department „Elemente“ gebe , die keinen Wert auf christliche
Werte legen würden : „[ … ] either unfamiliar with or has abandoned the Christian concepts
of altruism , tolerance , honor , decency , and fair play“. Und Williams weiter im Wortlaut :
“There is also an element that is unsympathetic with our present system of govern ment , and
which seeks to liberalize it by the establishment of Socialist rule , which in these times is dangerous.
As the genuinely democratic Austrian Intelligentsia [ sic ] insists , Socialism is the ‘Vorstufe’ for
Communism. An aggressive element has attempted to discredit the present Austrian Regime
in the eyes of the masses because it supports the Church in its resistance to Communism and
Socialism. The political factors in the present Austrian campaign must be understood by you , and
the loyalty of American personnel to our democratic ideals must be known , if you are to effect
a reorganization and reformation which will enable us to hold the line in one of the most critical
spots in the world.”2677 [ Hervorhebung d. Verf. ]
Schließlich verstieg sich der frühere USFA-Offizier Williams in seinem ‚politischen‘ Kom-
mentar dazu , die öster reichische Kirche quasi als einzig zuverlässiges Bollwerk gegenüber
der kultur politischen Bedrohung durch den Kommunismus darzustellen und glitt dabei in
geradezu rassistische Bedrohungs stereotype ab :
“Regardless of the vices and virtues of the present regime in Austria which are not germane to
our immediate consideration , the fact remains that the present Austrian government is definitely
oriented toward the West , and it has courageously defied threats and pressure from the East. It should
2675 NARA II , RG 59 , Department of State , DC / R 763.00 / 1–3053 , CS / H. Samuel H. Williams , to Hon.
Carl McCardle , Department of State , Bryn Mawr , Pennsylvania , 30. Jänner 1953 , 3. Für die freund-
liche Zurverfügungstellung einer Kopie des Briefwechsels danke ich an dieser Stelle Herrn Univ.-
Prof. DDr. Oliver Rathkolb. [ Kopie im Besitz d. Verf. ]
2676 So nannte Williams namentlich den früheren U. S. High Commissioner USFA , Lt. Gen. Geoffrey H.
Keyes , den früheren USACA-Direktor Colonel Charles Dodge ( beide nun im Pentagon tätig ), Col.
Lewis E. Perry , „Commandant at the Strategic Intelligence School“, den stellvertretenden U. S. High
Commissioner USFA , weiters den früheren stellvertretenden USFA High Commis sioner General J. D.
Balmer ( nun innerhalb der CIA tätig ), General J. A. Elmore ( nunmehr eben falls im Pentagon tätig ) so-
wie „Dr. Walter Colby“, „Chief of Intelligence for the Atomic Energy Commission“. Ebd. 3.
2677 Ebd., 2.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741