Seite - 641 - in Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Bild der Seite - 641 -
Text der Seite - 641 -
641
‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung
Nachdem ab Spätherbst 1950 sämtliche Reorientierungs-Angelegenheiten in den un-
mittel baren Verantwortungsbereich des Department of State fielen , übernahm am 15. Fe-
bruar 1951 Joseph M. Roland als neubestellter Leiter der „Exchange Activities Section
of the Division of Public Affairs“, die nun innerhalb der US-Gesandt
schaft angesiedelt
war , offiziell die organisatorische und administrative Leitung der US-Personen austausch-
Programme in Österreich , die 1952 quantitativ ange hoben werden sollten :
“As a part of his duties , he will administer a program under which it is planned to bring 165 Aus-
trian leaders , specialists and students to the United States in the current year. The Exchange
Activities Section will also support and facilitate educational exchange of persons projects
sponsored and financed primarily by private organi zations and institutions.”2690
Obwohl nicht zuletzt mit Abschluss des „Fulbright Abkommens“ am 6. Juni 1950 in Wa-
shington2691 und der Einrichtung der „United States Education Commission Austria“
( USEC / A ) die offizielle Grundlage für einen bilateralen , akademisch-gleichrangigen
Wissenschafts transfer zwischen den USA und Österreich gelegt wurde , waren sowohl die
Fulbright-Aus tauschprogramme als auch alle anderen „Exchange“-Maßnahmen – wenn
auch inoffiziell-verdeckt – eindeutig in die politischen Propaganda- und Beeinflussungs-
strategien der USA im Kampf gegen den Kommunismus eingebettet.
Dies geht unter anderem aus einer vertraulichen „Security Information“ des Depart-
ment of State Ende Oktober 1952 hervor , worin in Bezug auf die „crucial Zone Austria“
folgende „Target Groups by Priority“ benannt wurden und dabei auch keines wegs ver-
schwiegen wurde , dass sich nach wie vor gewisse national sozialis tische Tendenzen fest-
stellen ließen :
“1. Cultural elite ( Opinion leaders ) which is not only most strongly represented in the Gov-
ernment , but whose value judgements were always widely reflected in public opinion. This
group includes artists , educators and journalists. 2. Labor , leadership of which constitutes
spearhead of anti-Communist , anti-Soviet efforts in Austria and therefore primary target of
Soviet blandishments. 3. Youth , majority organized by political parties or by Catholic Church.
Nazi-fostered misconceptions of Western democracy in general and U.S. in particular still prevalent.
( Confidential ).”2692 [ Hervorhebung d. Verf. ]
2690 NARA II , RG 59 , Box 173. News Notes on Germany
– Austria
– Japan
– The Ryukus , No. 1 , Jänner 1951 , 3.
2691 Vgl. Walter Seidl , Zwischen Kultur und Culture. Das Austrian Institute in New York und Öster reichs
kulturelle Repräsentanz in den USA , Wien – Köln – Weimar 2001 , 32.
2692 NARA II , RG 59 , General Records of the Department of State , Box 1 [ 150 / 71 / 34 / 07 ]. Con fi den tial
–
Security Information. Statistical Profile of Exchange Activities for Austria , Denmark , Finland , Germany ,
Norway and Sweden. Prepared by The Program Planning and Development Staff. International Informa-
tion Administration , Department of State , 31. Oktober 1952 , 3.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741