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Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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aber dennoch des Malers Anton Hlaváček ( 1842 – 1926 ), um die Vision der wiederhergestellten Burg entsprechend ins Bild zu setzen. 〚 21 〛 Um die ökonomische Seite des Wiederaufbaus be­ dacht, sah der Architekt eine vorwiegend touristische Nutzung der Burg vor, die durch » Nibelungenspiele «, aber auch » Früh­ lings­ und Winzerfeste « ein » kräftiger Magnet für den Fremden­ verkehr « werden sollte.152 Indirekt werden damit – ähnlich wie bei der Hohkönigsburg – kommerzielle Aspekte als Argumente für den Wiederaufbau der mittelalterlichen Burg ins Treffen ge­ führt, der Burgenbau öffnete sich auch hier einer im Entstehen begriffenen Unterhaltungs­ und Freizeitkultur. Die historische Rekonstruktion bedurfte der ökonomischen Legitimation. Die Burg als Zeitvertreib Den zahlreichen Burgen zum Trotz, die im Rahmen groß ange­ legter staatlicher Unternehmungen als Monumente der Landes­ oder Nationalgeschichte restauriert oder wiederaufgebaut wur­ den, blieb der Burgenbau auch im 19. Jahrhundert in erster Linie ein Privatvergnügen. Ein Großteil der Burgenbauherren des 19. und frühen 20. Jahrhunderts entstammte dem Adel und somit je­ ner Gesellschaftsschicht, die nicht nur über die nötigen ökonomi­ schen Voraussetzungen zur Verwirklichung derart kostspie liger, praktisch meist nicht benutzbarer Bauten verfügte, sondern mit der Burg auch durch eine mehr als sentimentale Beziehung ver­ bunden war. Hier ging es um nichts weniger als um sichtbare Do­ kumentation einstiger Größe und Kompensation realpolitischen Machtverlustes, aber auch um die Wiedereinschreibung in eine maßgeblich von der Feudalherrschaft geprägte Landschaft, die nun zu einem Rückzugsgebiet des Adels wurde. Zugleich tragen diese Burgen, meist unabhängig von tatsächlichen Wohnbedürf­ nissen restauriert oder wiederaufgebaut, den unleugbaren Cha­ rakter teuren Spielzeugs. Hier wird keine Nation beschworen, sondern eine Familiengruft eingerichtet, hier wird das Ritter­ spiel wieder zur Privatangelegenheit, an der die Öffentlichkeit teilhaben kann, wenn es dem Bauherrn gefällt. Mit dem Blick auf exemplarische Burgenbauten der österreichischen Aristokratie, die allesamt auf unterschiedliche Weise in direktem Zusammen­ hang mit dem Gegenstand dieses Buches stehen, wird der Fo­ kus nun allmählich Richtung Kreuzenstein gelenkt ; es ist selbst ein Teil der reichen adeligen Baukultur des 19. Jahrhunderts in der Habsburgermonarchie, Ausdruck aristokratischen Selbstver­ ständnisses – und Selbstversicherung – am Ende einer Epoche, aber auch teurer Zeitvertreib. 56 Mittelalterbilder
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Kreuzenstein Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kreuzenstein
Untertitel
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Autor
Andreas Nierhaus
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79557-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
258

Inhaltsverzeichnis

  1. Zerlegung einer Zeitmaschine 9
  2. 1 Mittelalterbilder 21
    1. Ritter – Burg 24
    2. Modernisierungen 41
    3. Die Burg im Garten 43
    4. Die Burg als Monument 48
    5. Die Burg als Zeitvertreib 56
    6. Die Burg am Ende 62
  3. 2 Eine moderne Burg 65
    1. Der Sammler 67
    2. Bauherr und Bauhütte 78
    3. Wiederaufbau 86
    4. Außenansichten 111
    5. Interieurs 129
    6. Der imaginäre Bewohner 166
    7. Frühe Besucher 171
  4. 3 Herrschaft der Dinge 173
    1. Fragmentierung und Rekonstruktion 175
    2. Objet ancien und Objet trouvé 177
    3. Alter und Authentizität 180
    4. Zerstreuung und Sammlung 183
    5. Moderne Spolien 187
  5. 4 Mediale Korrespondenzen 195
    1. Fotografie 197
    2. Heterotopie, Themenpark 201
    3. Tableau vivant, Panorama, Historienbild 205
    4. Film 211
    5. Zusammenfassung 220
    6. Anmerkungen 224
    7. Literatur 238
    8. Abbildungsnachweis 248
    9. Register 249
    10. Dank 256
    11. Inhalt
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