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Wiederaufbau und die Restaurierung von Burgen und Schlössern
fast ausschließlich für aristokratische Auftraggeber tätig waren.294
Charakteristisch für ihre Arbeiten ist das große Interesse an den
unterschiedlichen historischen Dimensionen eines Bauwerks,
und seien sie – wie im Fall von Kreuzenstein – nur erfunden.295
Viele ihrer Bauten zeichnen sich durch formalen Reichtum aus
und nehmen auf die Geschichtlichkeit des Objekts Rücksicht : Wa
ren die durch stilistische Unterschiede in Erscheinung getretenen
Spuren der Jahrhunderte an einem Bau bereits vorhanden, so wur
den sie durch Restaurierung und Ergänzung verstärkt ; fehlten sie,
so konnten sie jederzeit künstlich hergestellt werden.
In der atmosphärischen Dichte, seiner konzeptuellen und for
malen Logik und Konsequenz sowie der bis heute eindrücklichen
Wirkung auf den Betrachter ist Kreuzenstein das Ergebnis des
Zusammenwirkens eines außerordentlich aktiven Bauherrn mit
einer handwerklich versierten Bauhütte, unterstützt von mehr
oder weniger freiwillig in den Hintergrund tretenden Architek
ten, deren » Handschrift « sich vor allem in der baukünstlerischen
Grundhaltung – etwa der für Kaysers Schaffen insgesamt charak
teristischen Freude an komplexen räumlichen Verschränkungen
– artikulieren konnte.296 Das im 19. Jahrhundert vielfach belegte
intensive persönliche Engagement des aristokratischen Bauherrn
und die enge intellektuelle Verbindung mit seinem Werk ist hier
wie in kaum einem anderen Bau seiner Zeit bis in das kleinste De
tail formbestimmend geworden.
Wiederaufbau
Am 25. September 1874, mehr als zwei Jahre nachdem sie Wien
verlassen hatten, feierten die Teilnehmer der von Wilczek finan
zierten und streckenweise auch begleiteten Polarexpedition ih
ren triumphalen Empfang in der Reichshaupt und Residenz
stadt. Als nun dieses wohl größte Abenteuer seines Lebens ab
geschlossen war, begann der damals 37
jährige Wilczek noch im
selben Jahr mit dem Wiederaufbau von Kreuzenstein, der ihn bis
ins 20. Jahrhundert hinein beschäftigen sollte.297 Auf der Suche
nach einem geeigneten Platz zur Errichtung einer neuen Fami
liengruft war Wilczek bereits in den Sechzigerjahren auf die Ru
ine in Sichtweite von Schloss Seebarn aufmerksam geworden :
» Da zog es mich an die Stelle, an welcher ich in meiner Kindheit
so oft mit romantischem Sinnen geweilt hatte im Anblick mei
nes geliebten Donaugeländes mit dem Kahlenberg und der guten
Wienerstadt, aus welcher die obere Spitze vom Stephansturm he
rübergrüßt. Der Platz, wo die Kapelle in Kreuzenstein gestanden
86 Eine moderne Burg
Kreuzenstein
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Kreuzenstein
- Untertitel
- Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
- Autor
- Andreas Nierhaus
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79557-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 258