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Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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n Fritz Karpfens vergessener Schrift » Der Kitsch. Eine Studie über die Entartung der Kunst « von 1925 stößt der Leser auf die Fotografie einer scheinbar mittelalterlichen Burg 〚 1 〛, unter der das Folgende zu lesen ist : » Vergewaltigte Baukunst. Das ist weder eine Vorlage etwa zu › Richters patentiertem Kinderbaukasten ‹, noch ist es eine Thea­ terdekoration zu › Götz von Berlichingen ‹, sondern das Bild stellt die Burg Kreuzenstein an der Donau dar, so wie sie derzeit be­ steht, das heißt natürlich, in unserer Zeit aufgebaut wurde. Sie soll haargenau die alte Burg, die als Ruine ein prachtvolles Denk­ mal der Landschaft gewesen ist, kopieren. Und hundert Schritte weiter unten, auf der Landstraße, rasen die Autos vorüber, die Si­ rene der Lokomotive schrillt herauf, die Flugzeuge der Linie Mün­ chen – Budapest kreisen tagtäglich darüber … Wie der Faustschlag eines Wahnsinnigen ins Gesicht des zwanzigsten Jahrhunderts steht dieses lächerliche Bauwerk da. «1 Als der junge Wiener Schriftsteller sein modernistisches Ver­ dikt über Kreuzenstein fällte, war der Schöpfer dieses » lächerli­ chen Bauwerks «, Johann Nepomuk ( » Hans « ) Graf Wilczek ( 1837– 1922 ), kaum drei Jahre tot und in der Gruft jener Burg bestattet, die er zuvor in mehr als dreißigjähriger Arbeit wiederaufgebaut hatte. Wie kaum ein anderes Bauwerk verkörperte die neumit­ telalterliche Phantasieburg für Karpfen die spätestens mit dem historischen Bruch von 1918 anachronistisch gewordene, zum sentimentalen Kitsch geronnene Geschichtsversessenheit der Väter­ und Großvätergeneration. Kaum zehn Jahre zuvor – und unter anderen politischen und gesellschaftlichen Verhältnis­ sen – hatte man Kreuzenstein noch zu den wichtigsten Denk­ mälern der jüngeren aristokratischen Baukultur gezählt ; als eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges hatte die Burg auf dem Besuchsprogramm von Staatsgästen und Architektenkongres­ sen gestanden. Der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz I Zerlegung einer Zeitmaschine 9
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Kreuzenstein Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kreuzenstein
Untertitel
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Autor
Andreas Nierhaus
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79557-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
258

Inhaltsverzeichnis

  1. Zerlegung einer Zeitmaschine 9
  2. 1 Mittelalterbilder 21
    1. Ritter – Burg 24
    2. Modernisierungen 41
    3. Die Burg im Garten 43
    4. Die Burg als Monument 48
    5. Die Burg als Zeitvertreib 56
    6. Die Burg am Ende 62
  3. 2 Eine moderne Burg 65
    1. Der Sammler 67
    2. Bauherr und Bauhütte 78
    3. Wiederaufbau 86
    4. Außenansichten 111
    5. Interieurs 129
    6. Der imaginäre Bewohner 166
    7. Frühe Besucher 171
  4. 3 Herrschaft der Dinge 173
    1. Fragmentierung und Rekonstruktion 175
    2. Objet ancien und Objet trouvé 177
    3. Alter und Authentizität 180
    4. Zerstreuung und Sammlung 183
    5. Moderne Spolien 187
  5. 4 Mediale Korrespondenzen 195
    1. Fotografie 197
    2. Heterotopie, Themenpark 201
    3. Tableau vivant, Panorama, Historienbild 205
    4. Film 211
    5. Zusammenfassung 220
    6. Anmerkungen 224
    7. Literatur 238
    8. Abbildungsnachweis 248
    9. Register 249
    10. Dank 256
    11. Inhalt
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