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Stallmans Haltung erscheint vielen überspitzt. In einigen Punkten
ist sie jedoch keinesfalls abwegig. Mit Software kontrollieren Men-
schen Systeme aller Art.Software übernimmt mittlerweile steuernde,
überwachende,helfende und warnende Funktionen in allen Lebens-
bereichen. In vielen Fällen rutscht die Hardware an zweite Stelle.
Wenn beispielsweise vor zwanzig Jahren ein Rechner eine bestimmte
Leistung nicht erbringen konnte, warf man ihm vor, nicht leistungs-
stark genug zu sein. In der heutigen Computerwelt ist es dagegen
üblich geworden,mehr Leistung und Effektivität von der Software zu
fordern.
Dabei ist Software nichts anderes als eine Ansammlung von Zah-
len, die uns Menschen in Rohform unverständlich erscheint. Um sie
zu verstehen, brauchen wir Hilfsmittel wie Betriebssysteme, die
ebenfalls Software sind.Nur so können wir die komplexe Zahlenwelt
der Computer überhaupt verstehen. Die Abhängigkeit von Software
ist auch damit zu erklären, daß wir bereits Software benötigen, um
Software zu erschaffen.
Mehr denn je ist der Anwender auf Softwareprodukte angewiesen,
deren Hersteller eine Art Monopolstellung genießen. Der Idee Stall-
mans zufolge sollte jedoch der Nutzer selbst seine Gestaltungsräume
individuell bestimmen können. Jeder sollte die freie Entscheidung
haben,welche Software er für welche Aufgaben benutzen möchte. In
einem Interview mit dem Online-Magazin Telepolis gab Stallman zu
bedenken:
»1983 gab es auf einmal keine Möglichkeit mehr,einen auf dem ak-
tuellen Stand der Technik befindlichen Computer ohne proprietäre
Software zu bekommen, ihn zum Laufen zu bringen und zu nutzen.
Es gab zwar unterschiedliche Betriebssysteme, aber sie waren alle
proprietär, was bedeutet, daß man eine Lizenz unterschreiben muß,
keine Kopien mit anderen Nutzern austauschen darf und nicht er-
fahren kann, wie das System arbeitet. Das ist eine Gräben öffnende,
schreckliche Situation, in der Individuen hilflos von einem ›Meister‹
abhängen,der alles kontrolliert,was mit der Software gemacht wird.«2
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No Copy
Die Welt der digitalen Raubkopie
- Titel
- No Copy
- Untertitel
- Die Welt der digitalen Raubkopie
- Autoren
- Jan Krömer
- Evrim Sen
- Verlag
- Tropen Verlag
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 2007
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 3-932170-82-2
- Abmessungen
- 13.9 x 19.0 cm
- Seiten
- 314
- Schlagwörter
- Raubkopie, Werk, Digitalisierung, Vervielfältigung, Privatgebrauch
- Kategorien
- Medien
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- 1. DIE GESCHICHTE DER SCHWARZKOPIE
- 2. KOPIE DER KOPIE DER KOPIE
- 3. ALL YOU CAN EAT
- 4. DIE KUNST DES CRACKENS
- 5. CRACKERETHIK
- 6. RAUB, KOPIE, PHILOSOPHIE
- 7. IM PARAGRAPHENDSCHUNGEL
- 8. DAS IMPERIUM UND SEINE REBELLEN
- 9. AUFRUHR IM SYSTEM
- NACHWORT 256
- INTERVIEWS
- GLOSSAR 279
- ANMERKUNGEN 290