Seite - 178 - in No Copy - Die Welt der digitalen Raubkopie
Bild der Seite - 178 -
Text der Seite - 178 -
PHILOSOPHIE178
nem Artikel in CyberPsychology & Behavior unpersönliche und intro-
vertierte Charaktere.16 Ein Soziologe der University of Minnesota er-
forschte die Eigenschaften von Menschen, die Beziehungen online
aufbauen.Die Schlußfolgerungen deuten an,daß derartige Kontakte
eher mit Vorsicht zu genießen sind.Allein die Vorstellung,eine ande-
re Person übers Internet kennenzulernen,wäre schon äußerst merk-
würdig. Immerhin wisse man nie, wer sich vor dem anderen Bild-
schirm befände.Er könnte ein Psychopath oder ein Killer sein.17
Soziologen und Psychologen, die sich dem Phänomen widmen,
kommen meist zu ähnlichen Ergebnissen.Fast alle behavioristischen
Untersuchungen ergeben, daß viele extensive Nutzer von Online-
Kontaktbörsen diverse Charakterschwächen haben. Oft wird argu-
mentiert, daß die Teilnehmer ihre sozial nicht kompatiblen Verhal-
tensweisen hinter ihrer Anonymität verstecken.
Bei all diesen Untersuchungen fällt jedoch auf, daß der typische
Hacker oder die Subkultur der Computerbegeisterten, wie sie in der
Szene anzutreffen sind, äußerst selten oder gar keine Erwähnung
finden. Das mag einerseits daran liegen, daß die Gruppe der Hacker
nicht ins Bild einer flächendeckenden, allgemeinpsychologischen
Untersuchung paßt. Andererseits läßt sich dieses Manko auch dar-
auf zurückführen, daß es sich bei Hackern um in sich geschlossene
und für Soziologen und Psychologen nur schwer greifbare Gruppen-
phänomene handelt.
Ein Blick hinter die Kulissen der Szene zeigt jedoch ein ganz ande-
res Bild ihrer Mitglieder. Man möchte meinen, daß soziale Verein-
samung oder Inkompetenz nicht unbedingt zu ihren Merkmalen
zählen.Tatsächlich gehen die meisten Szenemitglieder gesellschaft-
lich anerkannten Berufen nach. Sie führen ein Gesellschaftsleben,
haben reale Beziehungen und Freunde. Bei besonders aktiven Mit-
gliedern ist zudem ein erhöhtes Selbstbewußtsein zu erkennen. Ihr
Expertenwissen in einem speziellen Bereich gibt ihnen das Gefühl
der Überlegenheit. Sie passen weder in das Bild der Verhaltensfor-
scher bezüglich Online-Beziehungen,noch fühlen sie sich von derar-
NO ©OPY
No Copy
Die Welt der digitalen Raubkopie
- Titel
- No Copy
- Untertitel
- Die Welt der digitalen Raubkopie
- Autoren
- Jan Krömer
- Evrim Sen
- Verlag
- Tropen Verlag
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 2007
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 3-932170-82-2
- Abmessungen
- 13.9 x 19.0 cm
- Seiten
- 314
- Schlagwörter
- Raubkopie, Werk, Digitalisierung, Vervielfältigung, Privatgebrauch
- Kategorien
- Medien
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- 1. DIE GESCHICHTE DER SCHWARZKOPIE
- 2. KOPIE DER KOPIE DER KOPIE
- 3. ALL YOU CAN EAT
- 4. DIE KUNST DES CRACKENS
- 5. CRACKERETHIK
- 6. RAUB, KOPIE, PHILOSOPHIE
- 7. IM PARAGRAPHENDSCHUNGEL
- 8. DAS IMPERIUM UND SEINE REBELLEN
- 9. AUFRUHR IM SYSTEM
- NACHWORT 256
- INTERVIEWS
- GLOSSAR 279
- ANMERKUNGEN 290