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PHILOSOPHIE184
chen Entdeckung,die einen zum Beispiel vom Ladendiebstahl abhal-
ten mag,spielt beim Schwarzkopieren keine Rolle.Selbst in dem un-
wahrscheinlichen Fall,daß man ertappt werden sollte,drohen keine
peinlichen Blicke umstehender Personen.Außerdem ist es psycholo-
gisch ein Unterschied, ob man eine strafbare Handlung direkt aus-
führt oder indirekt durch das Drücken einiger Knöpfe von seinem
Schreibtisch aus.
Die Tatsache, daß kein Downloader einem Geschädigten gegen-
übertreten muß, erleichtert ihm zusätzlich das Kopieren rechtlich
geschützter Produkte.Zu diesem Ergebnis kam auch eine Studie eng-
lischer Wissenschaftler. Trotz zahlreicher Versuche der Industrie,
Schwarzkopieren mit Ladendiebstahl gleichzusetzen, stelle der Ver-
braucher zwischen beiden Taten keine Verbindung her: »Sie sehen es
einfach nicht als Diebstahl an. Für sie ist es einfach unumgänglich,
besonders angesichts der Verfügbarkeit neuer Technologien«, sagte
Dr. Jo Bryce von der University of Central Lancashire.31
Laut der bereits erwähnten Studie der Universität Witten/Herdecke
ist ein fehlendes inneres Verständnis der Rechtslage hierfür verant-
wortlich.Die Urheberrechtsgesetze entsprechen nicht dem allgemei-
nen Verständnis von Eigentum, wie es über Jahrhunderte hinweg
historisch gewachsen ist.Nach dieser herkömmlichen Sichtweise ist
ein Diebstahl immer zwangsläufig mit einer Wegnahme verbunden.
Die Übertragung dieses Eigentumsverständnisses auf nicht faßbare
Dinge wie Musikdateien ist daher problematisch. Daß es auch einen
Diebstahl ohne Wegnahme geben kann, erfordert ein grundlegendes
Umdenken.
Hinzu kommt, daß kaum ein Nutzer schon einmal selbst Opfer
einer Urheberrechtsverletzung war. Auch das erschwert die Nach-
vollziehbarkeit der Rechtslage. Somit kennen zwar viele die aktuelle
Gesetzgebung,können sie aber nicht aus einer inneren Überzeugung
heraus nachvollziehen. Für die Rechteinhaber und den Gesetzgeber
stellt das ein ernsthaftes Problem dar.Denn nur wenn der Nutzer die
Gesetze nachvollzieht und akzeptiert,wird er sich auch an die recht-
NO ©OPY
No Copy
Die Welt der digitalen Raubkopie
- Titel
- No Copy
- Untertitel
- Die Welt der digitalen Raubkopie
- Autoren
- Jan Krömer
- Evrim Sen
- Verlag
- Tropen Verlag
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 2007
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 3-932170-82-2
- Abmessungen
- 13.9 x 19.0 cm
- Seiten
- 314
- Schlagwörter
- Raubkopie, Werk, Digitalisierung, Vervielfältigung, Privatgebrauch
- Kategorien
- Medien
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- 1. DIE GESCHICHTE DER SCHWARZKOPIE
- 2. KOPIE DER KOPIE DER KOPIE
- 3. ALL YOU CAN EAT
- 4. DIE KUNST DES CRACKENS
- 5. CRACKERETHIK
- 6. RAUB, KOPIE, PHILOSOPHIE
- 7. IM PARAGRAPHENDSCHUNGEL
- 8. DAS IMPERIUM UND SEINE REBELLEN
- 9. AUFRUHR IM SYSTEM
- NACHWORT 256
- INTERVIEWS
- GLOSSAR 279
- ANMERKUNGEN 290