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werken nicht mehr gelesen und somit auch nicht mehr dupliziert
werden konnten. Die weniger sensiblen, regulären CD-Player sollten
hingegen keine Probleme beim Abspielen haben. So zumindest war
der theoretische Ansatz. Was in der Praxis dann verkauft wurde,
waren jedoch CDs,die nicht mehr dem Standard entsprachen,wie er
von den CD-Erfindern Philips und Sony einst festgelegt worden war.
Von Kritikern wurden die Scheiben daher als Un-CDs bezeichnet.
Philips-Sprecher Klaus Petri fand deutliche Worte für die Schutztech-
nik der Musikindustrie: »Das sind Silberscheiben mit Musik drauf,
die CDs ähneln,aber keine sind.«46
Bei unzähligen Käufern blieben die Abspielgeräte mit den »Un-
CDs« stumm. Nicht nur Computerlaufwerke, auch ältere CD-Spieler,
Abspielgeräte im Auto oder DVD-Player verweigerten ihren Dienst.
Das Knacken des Kopierschutzes stellte dagegen kaum ein Pro-
blem dar.Einige Mechanismen konnten bereits durch simple Filzstift-
Markierung eines bestimmten Punktes auf der CD umgangen wer-
den. In Internetforen oder im Freundeskreis kursierten bald Tips
zum Kopierschutz-Knacken für Anfänger, Schwarzkopien verbreite-
ten sich trotz des Schutzes.Qualitativ waren die Kopien sogar besser
als das Original. Schließlich ließ sich eine kopierte CD mit ausgehe-
beltem Kopierschutz problemlos auch in Autos und PC-Laufwerken
abspielen. Es entstand eine illegale Version, die mehr wert war als
das Original.Der Kaufanreiz für eine Original-CD rutschte bei poten-
tiellen Kunden damit weiter in den Keller.
Ex-Universal-Boß Tim Renner legte in einem Interview seine Mei-
nung zu diesem Thema wie folgt dar: »Die Sache mit dem Kopiers-
chutz ist sowieso Quatsch,weil klar ist,daß es,wenn du den auf die
CD gepreßten Datensatz zum Kopierschutz mitlieferst, auch immer
jemanden gibt, der diesen entschlüsseln kann. Es trifft letztlich also
nur die Leute, die ihre Musik legal erwerben und dann Probleme
haben, sie auf ihren Laufwerken auch abzuspielen. Man darf den
Konsumenten für den Kauf einer CD aber nicht bestrafen,so funktio-
niert das nicht.«47
249AUFRUHR
IM
SYSTEM248
No Copy
Die Welt der digitalen Raubkopie
- Titel
- No Copy
- Untertitel
- Die Welt der digitalen Raubkopie
- Autoren
- Jan Krömer
- Evrim Sen
- Verlag
- Tropen Verlag
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 2007
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 3-932170-82-2
- Abmessungen
- 13.9 x 19.0 cm
- Seiten
- 314
- Schlagwörter
- Raubkopie, Werk, Digitalisierung, Vervielfältigung, Privatgebrauch
- Kategorien
- Medien
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- 1. DIE GESCHICHTE DER SCHWARZKOPIE
- 2. KOPIE DER KOPIE DER KOPIE
- 3. ALL YOU CAN EAT
- 4. DIE KUNST DES CRACKENS
- 5. CRACKERETHIK
- 6. RAUB, KOPIE, PHILOSOPHIE
- 7. IM PARAGRAPHENDSCHUNGEL
- 8. DAS IMPERIUM UND SEINE REBELLEN
- 9. AUFRUHR IM SYSTEM
- NACHWORT 256
- INTERVIEWS
- GLOSSAR 279
- ANMERKUNGEN 290