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ausdrücklich verbot, machte die bislang erlaubten Privatkopien zu-
dem rechtlich nahezu unmöglich. Sogar das Benutzen rechtmäßig
erworbener Kopiersoftware konnte dadurch als illegal interpretiert
werden. Der Ärger der Musikhörer richtete sich nicht zuletzt gegen
die großen Plattenfirmen, deren politischer Druck nicht unwesent-
lich zum neuen Gesetz beigetragen hatte. Die Industrie warb den-
noch unverdrossen für ein völliges Verbot privater Kopien, ohne auf
die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden Rücksicht zu nehmen.
KLAGEN UND VERKLAGT WERDEN
Als den Plattenfirmen klar wurde,daß sie den Kampf nicht mit klas-
sischen Mitteln gewinnen konnten,begingen sie einen weiteren,ent-
scheidenden Fehler.Sie erklärten dem illegalen Download den Krieg.
Dabei übersahen sie völlig, daß die meisten Downloader trotz
Internets auch weiterhin CD-Käufer waren. Sie hatten somit ihren
eigenen Kunden den Kampf angesagt.
Tim Renner, der bis Januar 2004 Deutschlandchef von Universal
Music war, erklärte ein halbes Jahr nach dem Rücktritt von seinem
Posten den grundlegenden Irrtum seiner ehemaligen Kollegen:
»Download drückt ja erst mal den Bedarf aus.Download heißt,da ist
jemand, der ist interessiert. Das ist für den Produzenten prinzipiell
eine gute Nachricht.Wenn es ihm gelingt,die Leute,die zahlungswil-
lig sind, zu interessieren, kann daraus ein Geschäft entstehen. Das
Problem ist: In dem Augenblick, in dem sich meine Verkaufsmecha-
nik am Dieb ausrichtet und nicht am Kunden, mache ich es dem
Kunden denkbar unangenehm. Ich behandle ihn wie einen Dieb.«50
2004 begann die Plattenindustrie, die Nutzer von Internet-Tausch-
börsen zu verklagen.51 Viele Nutzer wurden mit hohen Schadenser-
satzansprüchen zur Kasse gebeten. »Es ist traurig, daß der Phono-
verband denkt,er müsse einen Auszubildenden für den Konsum und
das Tauschen von Musik verfolgen und 8.000 Euro von ihm verlan-
gen. Die eigene Zielgruppe zu verklagen ist der falsche Weg«, kriti-
sierte der Vorsitzende der digitalen Bürgerrechtsorganisation »Netz-
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SYSTEM250
No Copy
Die Welt der digitalen Raubkopie
- Titel
- No Copy
- Untertitel
- Die Welt der digitalen Raubkopie
- Autoren
- Jan Krömer
- Evrim Sen
- Verlag
- Tropen Verlag
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 2007
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 3-932170-82-2
- Abmessungen
- 13.9 x 19.0 cm
- Seiten
- 314
- Schlagwörter
- Raubkopie, Werk, Digitalisierung, Vervielfältigung, Privatgebrauch
- Kategorien
- Medien
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- 1. DIE GESCHICHTE DER SCHWARZKOPIE
- 2. KOPIE DER KOPIE DER KOPIE
- 3. ALL YOU CAN EAT
- 4. DIE KUNST DES CRACKENS
- 5. CRACKERETHIK
- 6. RAUB, KOPIE, PHILOSOPHIE
- 7. IM PARAGRAPHENDSCHUNGEL
- 8. DAS IMPERIUM UND SEINE REBELLEN
- 9. AUFRUHR IM SYSTEM
- NACHWORT 256
- INTERVIEWS
- GLOSSAR 279
- ANMERKUNGEN 290