Page - 95 - in Cultural Governance in Österreich - Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
Image of the Page - 95 -
Text of the Page - 95 -
Lokale Situierung | 95
ziehung zwischen FachbeamtInnen der Kulturverwaltung und dem Gemeinderat
bzw. dem oder der zuständigen PolitikerIn (Kulturstadtrat/Kulturstadträtin bzw.
KulturreferentIn) ist hierarchisch normativ durch das Prinzip der Weisungsge-
bundenheit geprägt. Das Neutralitätsgebot regelt die politische Unabhängigkeit
der BeamtInnen. Die Auswahl der FachbeamtInnen erfolgt aufgrund ihrer Quali-
fikationen in einem Bewerbungsverfahren, sie werden ernannt und nicht ge-
wählt. Ihre Anstellung schließt eine Laufbahn ein, damit sind sie vor willkürli-
cher Entlassung (etwa nach einem politischen Wechsel) geschützt. Abteilungen
und Abteilungsleitungen können jedoch neu besetzt werden, indem Personen an
andere Stellen versetzt werden. Dadurch sichern sich gewählte PolitikerInnen
und Parteien Loyalitäten innerhalb der Verwaltung, denn die „entscheidenden
Stellen in der Hierarchie werden überwiegend mit sogenannten Vertrauensper-
sonen besetzt“ (Ball, 1997).
4.2 POSITIONIERUNG ZIVILGESELLSCHAFTLICHER
AKTEURINNEN IN ÖSTERREICH
Die bedeutsame Rolle der Kulturverwaltung hängt eng mit den staatlichen Inte-
ressen an Kulturpolitik und dem Kulturbetrieb als ihrer institutionellen Ausge-
staltung im staatlichen Eigentum zusammen. Nach Oliver Marchart treffen in
den Kunst- und Kulturinstitutionen zwei „miteinander konkurrierende[.] Politik-
vorstellungen“ aufeinander: die „Vorstellung von Politik als Publizität und De-
batte, d.h. als Form öffentlicher Austragung von Konflikt auf der einen Seite“,
und die „von Politik als staatlichem Verwaltungshandeln auf der anderen“
(Marchart, 2005). Marchart beschreibt „Öffentlichkeit“ als etwas, das die Logik
der staatlichen Regulierung von Konflikten durchbricht und „deshalb selbst nicht
administriert werden kann“ (Marchart, 2005). Indem er sich argumentativ ange-
lehnt an Michel Foucault auf die Ursprünge des Verwaltungshandelns bezieht
und damit Kontinuität suggeriert, verkennt Marchart allerdings die Brüche und
Änderungen des politischen Systems in Österreich und die zunehmende Liberali-
sierung in der 2. Republik.
Die politische Kultur in Österreich ist nach 1945 durch ein spezifisches korpora-
tistisches Modell der Sozialpartnerschaft gekennzeichnet, das zur politischen und
wirtschaftlichen Stabilisierung beitrug. Sowohl zwischen dem Verbände- und
dem Parteiensystem als auch zwischen den Verbänden, auf Arbeitgeber- sowie
auf Arbeitnehmerseite bestanden enge Verflechtungen. Der Proporz zwischen
ÖVP und SPÖ war über viele Jahre hinweg ein herausragendes Merkmal der ös-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293