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126 | Cultural Governance in Österreich
Um eine pragmatische Lösung zu wählen, habe ich in der Analyse das Kon-
zept der diskursiven Konstruktionen (von Aktanten) verwendet, wenn die Ter-
minologie und damit die Nuancierung von Bedeutungen häufig wechselte, d.h.
instabil war (potentiell, um bestimmte Interpretationen hervorzurufen und andere
zu verschleiern – etwa Sparmaßnahme, Einsparung, Konsolidierung, Kürzung).
Das Konzept der Aktanten habe ich verwendet, wenn die Terminologie und da-
mit die Bedeutung innerhalb des geteilten symbolischen Raumes eher stabil war
(und damit eine gemeinsame gegenständliche, materielle bzw. begreifbare Vor-
stellung impliziert wurde, z.B. eines Kulturentwicklungsplans oder eines offenen
Briefs).
5.3 POSITIONIERUNG, PERSPEKTIVEN UND GRENZEN
DES GROUNDED THEORIZING
Wenn sich eine Forscherin auf spezifische Städte und Situationen in diesen Städ-
ten bezieht, ist dies eine aus forschungspraktischen und erkenntnistheoretischen
Gründen notwendige Fokussierung und darüber hinaus eine Konstruktion. Dies
geschieht im Bewusstsein darüber, dass es sich dabei um eine provisorische und
keine generelle, feste Begrenzung handelt:
„The identities of place are always unfixed, contested and multiple. And the particularity
of any place is, in these terms, constructed not by placing boundaries around it and defin-
ing its identity through counterposition to the other which lies beyond but precisely (in
part) through the specificity of the mix of links and interconnections to that ‚beyond‘.
Places viewed this way are open and porous.“ (Massey, 1994: S. 5)
Die Naturwissenschaftshistorikerin Donna Haraway, die das Konzept des situier-
ten Wissens („situated knowledges“ (Haraway, 1988)) geprägt hat, beschreibt,
dass das, was jede/r Einzelne sieht und sehen kann, immer eine Machtfrage („the
power to see“) ist (Haraway, 2008: S. 349). Diese Erkenntnistheorie ist nicht ge-
nuin postmodern, sondern wurde bereits durch Philosophen wie Nietzsche und
Heidegger (Smith, 1996), Gadamer und Mannheim (vor)geprägt. Unsere Per-
spektive ist geprägt von unserer subjektiven sozialen Verortung und den damit
verbundenen Möglichkeiten, Grenzen und Verantwortlichkeiten. Die Repräsen-
tation von Forschungsergebnissen bzw. dessen, was beobachtet und interpretiert
werden kann, ist somit immer partiell.
Nach Anselm Strauss und Juliet Corbin bezieht sich theoretische Sensibilität
auf die „Fähigkeit, Einsichten zu verstehen und das Wichtige vom Unwichtigen
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293