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254 | Cultural Governance in Österreich
extreme Größe sowie den Individualismus des kulturellen Marktes, für den Kon-
sumentInnen fehlen. Ihre Kritik richtet sich auch auf Schaden, den „die Knecht-
schaft des Geldes“ (Boltanski, Thévenot, 2014: S. 276) in der Welt der Inspirati-
on angerichtet hat. Die Kompensation seitens der PolitikerInnen als Versuch,
über einen Kompromiss zwischen der Welt der Meinung und der Welt des Mark-
tes zu reüssieren („als der große Erfolg verkauft“), wird aus der Position der
Verwaltung enttarnt.
Die Soziale Welt der Beiräte und Jurys, die im folgenden Kapitel detailliert ana-
lysiert wird, wird von RepräsentantInnen der Kulturverwaltung als beeinflussbar
wahrgenommen. Einflussmöglichkeiten bestehen bei den Satzungen und der
Auswahl der Mitglieder sowie bei der Vorstrukturierung der Themen und Anträ-
ge und durch persönliche Anwesenheit bei den Sitzungen bzw. durch informelle
Besprechungen.
7.5 DIE SOZIALE WELT DER BEIRÄTE
Die Soziale Welt der Beiräte ist auf städtischer Ebene eine instabile Welt, die
sich nicht selbst organisiert, sondern deren Existenz vom politischen Willen der
Stadtregierung abhängt. Die rechtlichen Bedingungen auf Gemeindeebene sind
unverbindlich. So ist in der Oberösterreichischen Gemeindeordnung festgelegt,
dass Beiräte durch den Gemeinderat „zur Beratung der Gemeindeorgane in ein-
zelnen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs“ eingerichtet und mit ei-
ner Geschäftsordnung versehen werden können (Land Oberösterreich, 1990:
Teil § 18b). In der Gemeindeordnung der Steiermark sind keine Beiräte vorgese-
hen, nur ein MigrantInnenbeirat für Gemeinden, in denen mehr als 1.000 Mig-
rantInnen ihren Hauptwohnsitz haben (Land Steiermark, 1967). Kulturbeiräte
auf städtischer Ebene sind in Österreich selten: Außer Linz haben die oberöster-
reichischen Städte Steyr und Wels sowie in der Steiermark außer Graz die Ge-
meinde Bruck an der Mur einen Kulturbeirat. In Klagenfurt und Wiener Neu-
stadt wird die Einrichtung eines solchen Gremiums seit Jahren diskutiert. Auch
daran, dass es vergleichsweise wenige Kulturbeiräte in Österreich gibt, lässt sich
eine eher schwach ausgeprägte deliberative politische Kultur jedenfalls für den
Bereich der Kulturpolitik auf kommunaler Ebene ablesen.
Auf Landesebene sehen dagegen die Kunst- und Kulturfördergesetze die Ein-
richtung von Kulturbeiräten vor, die in rechtlich unverbindlicher Weise eine Be-
ratungsfunktion haben (Mihatsch, 1988: S. 198). In Oberösterreich ist der Lan-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293