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politisch postulierte Gemeinwohlorientierung, das ehrenamtliche Engagement
von Vereinen und Privatpersonen ist somit ambivalent, da darüber die Nicht-
Entlohnung von Arbeit legitimiert wird bzw. menschlicher Idealismus ausgebeu-
tet wird. Zugleich ist es legitim, jede Form des Engagements mit einem monetä-
ren Wert zu belegen und sich somit dem Ehrenamt zu verweigern.
Inwieweit politische Auseinandersetzungen mit zivilgesellschaftlichen Grup-
pierungen von Seiten der Regierenden zugelassen werden (Auslegung von Ver-
sammlungsrecht und Vereinsrecht, staatliche Subventionen für zivilgesellschaft-
liche Vereine), ist somit ein wichtiger Indikator für eine liberale demokratische
Kultur und Demokratiequalität insgesamt (Council of Europe, 2016: S. 18). Der
komplementäre Indikator wäre, inwiefern zivilgesellschaftliche Organisationen
selbst Raum für Auseinandersetzung schaffen können.
7.2 DIE SOZIALE WELT DER GEWÄHLTEN
MANDATARINNEN (POLITIKERINNEN)
Die Soziale Welt der PolitikerInnen in der Gemeinde ist hierarchisch und span-
nungsvoll konstruiert, mit den Subwelten der Gemeindeorgane, der Stadtregie-
rung und des Gemeinderats sowie den Segmenten Parteien/Fraktionen, auch der
Opposition im Gemeinderat und politischen Ressorts. Die in der Sozialen Welt
der Politik handelnden PolitikerInnen „haben als direkt gewählte Mandatare ei-
nen Gestaltungsauftrag“ (Zembylas, 2017c: S. 9). Als Staatsorgane sind sie
VerwalterInnen des Gemeinsamen und „dürfen nur im Sinne des öffentlichen In-
teresses handeln“ (ibd.). Zwischen der Welt der Politik und der Welt der Verwal-
tung besteht somit eine Intersektion, die mit Spannung im Sinne einer gegensei-
tigen Kontroll- und Balancefunktion aufgeladen ist.
Parteien als Segmente (lat. pars) innerhalb eines umfassenden staatlichen
Verbands (bzw. einer Gebietskörperschaft) sind einerseits Konkurrenten um Ent-
scheidungspositionen und Mehrheiten. Andererseits sind die Konkurrenten in der
Demokratie in ein Kollektivwesen, einen Verbund (Gemeinderat) eingebunden,
das gegenseitige Kommunikation und Abstimmung erfordert (Boltanski, Théve-
not, 2014: S. 262-263). Die VertreterInnen der Parteien sind an Gesetze gebun-
den, die es ermöglichen, eine Priorisierung von Partikularinteressen gegenüber
dem Gemeinwillen als Unrecht anklagbar zu machen (sei es durch BürgerInnen,
sei es durch andere PolitikerInnen) (ibd.). In der Konstellation der parlamentari-
schen Demokratie (staatsbürgerliche Welt) haben BürgerInnen die Möglichkeit,
diejenigen Parteien auszuwählen, von denen sie ihre Interessen am besten vertre-
ten glauben (marktförmige Koordinierung). Auf lokaler Ebene kommt von der
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293