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58 K.(u.)k. »going postcolonial«
nerhalb der Monarchie zur Alltagsverständigung die Voraussetzung darstellte
und in der Regel keine Vermittlungsinstanz für die Herstellung dieser Kommu
nikation vonnöten war ; diese Verständigungstechnik schlägt sich vorrangig in
den Arbeitsfeldern von DienstbotInnen, Handwerkern und auch in zwei und
mehrsprachigen Schulen nieder.
Zur »polykulturellen Translation« hingegen können alle jene Translations
formen zwischen den Sprachen der Monarchie gezählt werden, für deren Zu
standekommen ein Akt der Vermittlung Voraussetzung ist und, in den meisten
Fällen, eine Textbezogenheit gegeben ist. Alle Tätigkeiten, die im engeren Sinn
Übersetzen und Dolmetschen betreffen, sind diesem Typus zuzuordnen, allen
voran die für eine (auch vom Gesetz bestimmte) reibungslose Verständigung
zwischen Behörden und Parteien erforderlichen Translationstätigkeiten, gefolgt
von der Arbeit beeideter Translatoren bei Gericht für Dolmetsch und auch
Übersetzungsarbeiten und der Übersetzungstätigkeit der Redakteure des »Re
daktionsbureaus des Reichsgesetzblattes«. Aus dem Bereich der literarischen
Übersetzung sind alle Translate, die den Transfer zwischen in der Monarchie
gesprochenen Sprachen repräsentieren, zur polykulturellen Translation zu zäh
len. Als Mischformen gelten vor allem die Verständigungstechniken im Heer,
die zum einen auf Bi und Multilingualität beruhten (siehe Dienstsprache),
während für die Kommandosprache und vor allem die Regimentssprache, die
dem persönlichen Umgang mit der Mannschaft diente, translatorische Tätigkei
ten den Anstrengungen in der Kommunikation zum Teil zugrunde lagen. Eine
weitere Zwischenkategorie ist die Produktion jener Originaltexte, die bei ih
ren Verfassern (nicht unbedingt Translatoren im engeren Sinn) das Wissen um
einen bestimmten Sachverhalt voraussetzten, der wiederum auf der Kenntnis
zumindest einer anderen Sprache (zumeist Deutsch) beruhte. Diese Praxis ist
mit den zunehmenden Nationalitätenkonflikten vermehrt festzustellen und vor
allem nach dem Ausgleich mit Ungarn 1867 verstärkt zum Einsatz gekommen.
Eine Vermittlungsinstanz war für die Ausübung dieser Tätigkeit nur in einge
schränktem Maß notwendig.
»Transkulturelle Translation«
Die von Csáky als exogen bezeichnete Pluralität knüpft an die endogene in
Form von Elementen an, die »von außen« kamen und ebenso in der Region
wirksam wurden. Gemeint sind jene »kulturellen Diffusionsprozesse gesamt
europäischer Provenienz, die aufgrund ganz konkreter politischer oder sozial
ökonomischer Rahmenbedingungen die Habsburgermonarchie beeinflußten«
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Subtitle
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Author
- Michaela Wolf
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 442
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437