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Drittes Kapitel
Das habsburgische Babylon
Die Übersetzung als grundsätzliches Phänomen des Transfers zwischen den ver
schiedenen Kulturen der Monarchie bzw. zwischen diesen und anderen (europä
ischen) ist bisher bestenfalls als punktueller Einblick in die Übersetzungspraxis
festzumachen. Da der Versuch einer Rekonstruktion der Übersetzungspraxis in
der Habsburgermonarchie für den Zeitraum zwischen 1848 und 1918 nur vor
dem Hintergrund einer detaillierten Darstellung der komplexen ethnisch kul
turellen Bezüge des habsburgischen Kommunikationsraumes möglich ist, wird
im Folgenden auf verschiedene dieser Voraussetzungen eingegangen. In einem
ersten Schritt werden die wichtigsten Aspekte der in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts aufkommenden Nationalitätenkonflikte sowie deren Implikatio
nen für die alltägliche Sprachverwendung aufgezeigt und die Auswirkungen der
Umgangssprachenerhebung durch die Volkszählungen illustriert. Wie zu zeigen
sein wird, lenken sprachpolitische Maßnahmen in der Form von Sprachenver
ordnungen das Sprach und in der Folge Übersetzungsgeschehen nachhaltig.
Eine abschließende Erhebung des Buchmarkts der Habsburgermonarchie im
gegenständlichen Zeitraum spiegelt diese Entwicklungen deutlich wider.27
1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus-Debatte
Was auf den ersten Blick als »Buntheit des kulturellen Milieus einer multina
tionalen Region wie die der Österreichisch Ungarischen Monarchie« (Gottas
1993 : 11) anmutet, ist seit gut hundertfünfzig Jahren Gegenstand der For
schung und spiegelt ein dementsprechend weitgefächertes Feld von Darstel
lungen des Vielkulturenstaates. Die unterschiedlichen Betrachtungen stellen
zunächst die repressiven Tendenzen des hegemonialen deutschsprachigen Teils
27 Die notwendige Konzentration auf Entwicklungen und Momente, die für die übersetzerische Si
tuation zwischen 1848 und 1918 maßgeblich sind, soll die Bedeutung der damit verbundenen
ökonomischen, politischen, religiösen und vor allem sozialen Fragen in keiner Weise schmälern,
doch können diese im Rahmen der skizzierten Fragestellungen nur punktuell in den Blick genom
men werden.
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Subtitle
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Author
- Michaela Wolf
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 442
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437