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Literaturpreise 225
Feststellung, dass »die Literatur einer bestimmten österreichischen Nationalität
die nationalen Barrieren nur schwer durchbrechen« (ibid.) konnte, bestenfalls
auf Werke in Originalsprache zu, wobei Deutsch aller Wahrscheinlichkeit nach
eher als Ausnahme zu gelten hat.
Das Ministerium hatte erkannt, dass gerade diese Wahrnehmung zu fördern
sei : Das hehre Vorhaben der »Herausgabe einer periodischen Publikation über
den Stand der zeitgenössischen Dichtung in den verschiedenen Sprachgebieten
Österreichs«, das 1893 im Unterrichtsministerium in hochkarätiger Besetzung
beraten wurde, kann einmal mehr als (bürokratischer) Versuch gewertet wer
den, eine effiziente Literaturstatistik zu erstellen (vgl. oben), ist aber dennoch
ein Zeugnis gewachsenen Bewusstseins über die Problematik der literarischen
Situation in der Monarchie und der Notwendigkeit, Literatur im Allgemeinen
und den Austausch der literarischen Leistungen seiner Bürgerinnen und Bür
ger im Besonderen zu fördern. Die vom Ministerium einberufenen Experten
hielten solch ein Unternehmen zwar für wünschenswert, meldeten jedoch ver
schiedene Bedenken an, wie etwa »die Schwierigkeit, den Begriff der ›österrei
chischen Literatur‹ für die verschiedenen Sprachstämmigen zu definieren« oder
auch das Problem, »einen Maßstab zu finden, welcher dem literar ästhetischen
wie den nationalen Gesichtspunkten bei den verschiedenen sprachlichen Lite
raturkreisen Österreichs in gleicher Weise Rechnung träge«. Doch konnte das
Ministerium selbst offenbar seinem Anspruch, »einerseits die zeitgenössische
Produktion in einem gleichsam literatur historischen Bilde festzuhalten, ande
rerseits eine lebhafte und richtig gegenseitige Werthschätzung der literarischen
Leistungen der verschiedenen Sprachstämme Österreichs einzubahnen« (vgl.
Heerde 1993 : 187f.) nicht gerecht werden : Das Vorhaben ist offensichtlich nie
zur Ausführung gekommen.
3. Literaturpreise
Ein wichtiger Bereich der Kulturpolitik sind Literaturpreise. Wird davon aus
gegangen, dass im Speziellen Literaturpreise im Wirkungszusammenhang von
Produktion, Distribution und Rezeption fungieren und, über zwischengeschal
tete Mechanismen vermittelt, zugleich auf den Literaturprozess selbst einwir
ken (Kröll 1982 : 145), so sind sie als wesentliche Faktoren der Kulturpolitik
eines Landes bzw. ihrer Institutionen zu bezeichnen, wenn diese – zumindest
zusätzlich – von der öffentlichen Hand gespeist werden und nicht »autonom«
agieren. Pierre Bourdieu zählt Literaturpreise ebenso wie Akademien und
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Subtitle
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Author
- Michaela Wolf
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 442
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437