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»Polykulturelle Translation« 165
setzungen für sachkundige translatorische Leistungen sind und nur als solche
mit fachlicher Kompetenz verknüpft zu professioneller Übersetzungsarbeit füh
ren können.
Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im Kriegsministerium
Wie erwähnt versuchte der Staat mit der Einrichtung verschiedener Departe
ments die in spezifischen Bereichen anfallenden translatorischen Arbeiten zu
bewältigen. Naturgemäß verlangte der außenpolitische Dienst ein besonderes
Quantum an Translationsleistungen. Diese wurden innerhalb des Ministeriums
des Äußern in zwei Abteilungen geleistet : im Departement für Chiffre und
translatorische Arbeiten und im Literarischen Bureau, während das Evidenz
bureau im Kriegsministerium angesiedelt war. Der Ausgleich mit Ungarn 1867
erforderte schließlich eine Neustrukturierung in der Kommunikation zwischen
den beiden Reichshälften auch in außenpolitischen Angelegenheiten, die für die
translatorische Tätigkeit eine große Herausforderung darstellte.
»Sektion für Chiffrewesen und translatorische Arbeiten«
Die Einrichtung des Referats für »Angelegenheiten des Chiffre und translato
rische Arbeiten« stellte einen bedeutenden Schritt in der Institutionalisierung
des Übersetzer und Dolmetscherwesens in der österreichischen Verwaltung
dar. Die Vorläuferin dieses Referats war die – mit größter Wahrscheinlichkeit
– 1716 gegründete »Geheime Ziffernkanzlei«, die erst durch die revolutionären
Geschehnisse des Jahre 1848 aufgelöst wurde. Das Gründungsjahr kann nicht
mit vollständiger Sicherheit bestätigt werden, da es keine Errichtungsurkunde
gibt – »[i]n aller Stille, wie es dem Charakter ihrer Tätigkeit entsprach, trat sie
ins Leben« (Hubatschke 1975b : 365).153 Unter Metternich154 nahm die Bedeu
tung der Kanzlei in entscheidendem Maße zu und erreichte – erwartungsge
mäß – in den Monaten des Wiener Kongresses einen Höhepunkt ungeahnten
153 Die Geschichte des Referats für »Angelegenheiten des Chiffre und translatorische Arbeiten«
und seiner Vorläuferin, der Ziffernkanzlei, ist ausführlich von Harald Hubatschke behandelt, der
zur Geschichte der Briefspionage und des geheimen Chiffredienstes in Österreich im Kontext
einer Biografie seines Vorfahren Ferdinand Prantner (1817–1871) eine im Jahr 1975 approbierte
sechsbändige Dissertation verfasste (Hubatschke 1975a).
154 Clemens Wenzel Fürst Metternich (1773–1859), ab 1809 Außenminister, 1821 Ernennung zum
Staatskanzler. 1848 durch Wiener Märzrevolution zum Rücktritt gezwungen.
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Subtitle
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Author
- Michaela Wolf
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 442
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437