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Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67 Zugehörigkeit heraus. Diese beruhte – wie oben von Eötvös aufgezeigt – auf der Tatsache, dass das Ringen um die Sprache in der Praxis stets als Instrument für das Ringen um politische Herrschaft gebraucht wurde. Solche Bestrebungen sind nicht zuletzt im Bemühen verschiedener Vereine zu konstatieren (Deutscher Schulverein, Verein Südmark, slowenischnationaler Cyril­ und Method­ Verein, u.v.m.), die sich als »Guardians of the Nation« (Jud­ son 2006) sahen : Auf der Basis der Zensusergebnisse von 1880 bis 1910, die die weitgehende Gleichgültigkeit gegenüber nationalen Identifikationskonzepten von an (als »imaginiert« entlarvten) »Sprachgrenzen« siedelnden Personen auf­ deckten, operierten diese Vereine mit zahlreichen AktivistInnen (LehrerInnen, BeamtInnen, TelegrafistInnen etc.), die dem nationalen Gleichmut (»national ignorance«, Judson 2006 : 2) entgegenzuwirken und nationale Selbstindentifika­ tionen durch Schulaktivitäten, die Ansiedlung protestantischer SiedlerInnen im slowenisch­ deutschen »Sprachgrenzgebiet« oder auch durch die Förderung tou­ ristischer Aktivitäten (etwa in Südböhmen) zu stärken trachteten. Ihre Erfolge waren relativ bescheiden und eher dort zu verorten, wo nationalistische Diskurse etwa mit ökonomischen Entwicklungsperspektiven einhergingen ; damit wird der Blick weggelenkt von nationalistischer Rhetorik und Agitation auf natio­ nale Selbstindentifikation als ein »fragile and contingent phenomenon« (ibid.: 176), das in der – durch den Zensus erforderten – nationalen Selbstzuschrei­ bung keine moralische oder historische Wahl sah, sondern eine Indentifikation vorrangig über Beruf, den lokalen Raum, die Religion oder bestimmte soziale Netzwerke.37 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? Die »Überbetonung der Sprache als nationales Unterscheidungsmerkmal« (Brix 1982 : 14) schlug sich besonders in der oben angesprochenen cisleithanischen38 Volkszählung von 1880, der ersten nach dem Ausgleich von 1867, in der Frage nach der »Umgangssprache« nieder, ein Begriff, der der Statistik des frühen 37 Damit stellt Judson die in der Forschung oftmals postulierte enge Verbindung von Nationalismus und Modernisierung ebenso infrage wie die Sicht von der Herausbildung von Nationalstaaten als unvermeidbaren Prozess (siehe dazu auch Deak 2008). 38 Als »Cisleithanien« wurde nach 1867 in der Umgangssprache die westliche Reichshälfte (offiziell »die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder«) der österreichisch­ ungarischen Monar­ chie bezeichnet (= Land diesseits der Leitha im Gegensatz zu Transleithanien).
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Subtitle
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Author
Michaela Wolf
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
442
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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