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218 Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie
turbetrieb bestimmende Preßgesetzgebung ; in weiterer Folge stehen die den
habsburgischen Buchmarkt regelnden Urheberrechtsbestimmungen im Zent
rum der Diskussion, die wiederum mit der Konzessionspflicht für Buchhändler
eng verknüpft sind.
Zensur
Die Gesetzgebung war in der Habsburgermonarchie bis 1848 von einer beson
ders strengen Zensur und danach für lange Zeit von deren geistigen Folgen
geprägt. Als Institution wird Zensur von Assmann und Assmann (1987 : 11)
als »Wächter der Tradition« bezeichnet, Zensoren als »Grenzposten der Über
lieferung« ; Zensur und Zensoren grenzen ab gegen das Fremde, Unechte, Fal
sche, sie immunisieren gegen den Wandel und stützen, regulieren, verfestigen
somit das, was tendenziell variabel ist. Zensurbestimmungen sind ihrem Wesen
nach meist konservativ, da sie zuallererst den Interessen von Institutionen wie
Staat und Kirche dienen und geltende Normen zu erhalten sowie die öffentliche
Meinung zu steuern trachten. McCarthy (1995 : 5) argumentiert, dass im Rah
men dieser Tätigkeiten Zensur betreibende Institutionen die Regulierung der
Öffentlichkeit beanspruchen, was zur Schaffung massiver Konflikte vor allem
im Kultur und Kunstbetrieb führt. Habermas verortet die Forderung der Pres
sefreiheit historisch im Bewusstwerdungsprozess des Bürgertums im 18. Jahr
hundert : In kulturellen Belangen führte die allmähliche Kommerzialisierung
des literarischen Lebens und die Industrialisierung des Pressewesens zu einem
Strukturwandel, der in der Folge differenzierte Formen der Organisation, des
Vertriebs und des Konsums einer erweiterten, professionalisierten und auf neue
LeserInnenschichten ausgerichteten Buchproduktion mit sich brachte (Haber
mas 1999 : 27). Gedruckte Werke standen demnach idealiter jedem und jeder
offen, der oder die durch seine oder ihre Lesefähigkeit dazu qualifiziert erschien.
Diese Utopie einer unbegrenzten Öffentlichkeit der LeserInnen war dement
sprechend von (wie immer gearteter) politischer Kontrolle bedroht.
Im spezifisch habsburgischen Kontext hatte der von Metternich initiierte
und unter der Leitung seines Polizeiministers Sedlnitzky ausgebaute bürokra
tische Kontrollapparat tief greifende Folgen auf das literarische Leben ; die Re
aktionen vonseiten der kulturellen AkteurInnen reichten von Selbstzensur und
Veröffentlichung im Ausland bis zur Emigration. Verschiedenen Berechnun
gen zufolge waren die Verbotszahlen zwar längst nicht so hoch wie allgemein
angenommen, doch wurde am Beginn der Vierzigerjahre des 19. Jahrhunderts
immerhin jedes fünfte der Zensur vorliegende Buch mit einem Verbot belegt.
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Subtitle
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Author
- Michaela Wolf
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 442
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437