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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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Die Ausbildung von Dragomanen 179 Insgesamt ist das Translationsgeschehen in der Habsburgermonarchie im Untersuchungszeitraum von einigen Ausnahmen abgesehen von einem nied­ rigen Institutionalisierungsgrad gekennzeichnet. Dies mag auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, allen voran die speziell unter BeamtInnen weit verbreitete Bi­ oder sogar Plurilingualität, die zur Schaffung eines oftmals auf Improvisation und ad hoc­ Kreativität aufgebauten Kommunikationssystems beitrug und professionelle Übersetzungs­ oder Dolmetschleistungen trotz aller qualitativer Mängel entbehrlich machten. Ein weiterer Grund mag darin liegen, dass gerade aufgrund des enormen Bedarfs an sprachmittlerischer Tätigkeit ein von weiten Teilen der davon betroffenen Bevölkerung stillschweigend geteil­ tes, hohes Selbstverständnis dafür herrschte, mit mehr oder weniger alltägli­ chen Situationen auch ohne die Inanspruchnahme professioneller Unterstüt­ zung auszukommen. Vielleicht mag die Metapher des »Fortwurschtelns«, die oft klischeehaft für das Funktionieren des Vielvölkerstaates verwendet wurde oder rückblickend wird, ihren Beitrag zur nur mangelhaft erfolgten Institutionalisie­ rung des Translationswesen geleistet haben – der Rückgriff auf den vielleicht in der gewünschten Sprache nur radebrechenden Beamten aus dem Nebenzimmer war zu verlockend. 3. Die Ausbildung von Dragomanen Wird die Übersetzungs­ und Dolmetschtätigkeit in der Habsburgermonarchie als konstitutives Merkmal für das Funktionieren des Staates gesehen, so stellt sich die Frage, inwieweit diesem wichtigen Medium durch die Ausbildung kompetenter SprachmittlerInnen Rechnung getragen wurde. Die einzige nach­ weisbare Ausbildungsstätte, die sogenannte »Orientalische Akademie«, bezog sich jedoch vor allem auf die Vermittlungsaktivitäten im diplomatischen Dienst mit dem Osmanischen Reich.167 Die Notwendigkeit sprachkundiger Beamter für diesen Raum war schon lange vor der im Jahr 1754 erfolgten Gründung der Orientalischen Akademie erkannt worden, insbesondere durch die wachsenden 167 Die Dolmetschtätigkeit der Habsburgermonarchie mit dem Ausland beschränkte sich freilich nicht auf das Osmanische Reich. So war auch die zunächst durch Sondergesandte bewerkstelligte Kommunikation mit dem Zarenhof vor allem im 17. und 18. Jahrhundert relevant, deren Be­ deutung 1691 durch ein Hofdekret Leopolds I besiegelt wurde, mit dem der später zum »kaiser­ lichen Sekretär« und »Residenten« ernannte Otto Pleyer nach Moskau entsandt wurde, um sich dort zum Dolmetscher auszubilden (Müller 1976 : 81).
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Subtitle
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Author
Michaela Wolf
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
442
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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