Page - 176 - in Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945 - Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
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2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945
Nach dem Wiener Vorbild wurde 1883 unter der Leitung von Robert Hamerling in Graz der Journa-
listen- und Schriftstellerverein „Concordia“ gegründet, am 20.7.1912 löste er sich freiwillig selbst auf
(Müller-Kampel93).
Ende des Jahrhunderts erwuchsen – ebenfalls mit starker Verwurzelung im Pressewesen – der
C. zwei weltanschauliche Konkurrenten: Die nichtjüdische und antiliberale Deutschösterreichische
Schriftstellergenossenschaft und der für Frauen offene Verband katholischer Schriftsteller und Schriftstel-
lerinnen (KathS)
– beide im Gegensatz zur C. überregional orientiert. Erst 1919 reagierte der Verein:
Nun wurden auch Frauen als Mitglieder aufgenommen. Die führende initiative Rolle der C. beim
institutionellen Ausbau des österreichischen Pressewesens (Wirtschaftsverband der Wiener Journalisten,
1917 und Organisation der Wiener Presse 1917 wurden 1929 zur Reichsorganisation der österr. Jour-
nalisten ausgeweitet) bewirkte ebenso einen Bedeutungsverlust wie der als Standesvertretung 1920
gegründete, gewerkschaftlich ausgerichtete Schutzverband deutscher Schriftsteller Österreichs (SDSÖ).
Die C. verfolgte gegenüber dem autoritären „Ständestaat“ eine Anpassungspolitik: Im Gegensatz
zum SDSÖ protestierte sie nicht gegen die Bücherverbrennungen vom Mai 1933 in Deutschland
(Eppel84, 243) und analog dazu nur zahm gegen die Einschränkungen der Pressefreiheit in Öster-
reich. Sie war aktiv an der institutionellen Gleichschaltung der österreichischen Zeitungen durch
die Gründung der Österreichischen Pressekammer (Juli 1936) beteiligt (ihr Vizepräs. Leopold Lip-
schütz war Präsident der C. In der letzten, der 78., „freien“ ordentlichen Generalversammlung vom
8.2.1938 wurde folgender Vorstand gewählt:
Vorstand:
Präsident: Leopold Lipschütz (Ill. Kronenzeitung; nahm sich zusammen mit seiner Frau am
25.1.1939 in Nizza das Leben)
Vizepräs.: Ministerialrat Benjamin Schier, Julian Sternberg (Neue Freie Presse)
Vorstandsmitgl.: Christian Siegmund Fried, Leo Halberstam (Neues Wiener Tagblatt), Rudolf Holzer
(bis 1933 Wiener Zeitung), Rudolf Kalmar (Wiener Tag), Johann Pilz, Edwin Rollett (Volkszeitung),
Edmund Weber (Amtl. Nachrichtenstelle), Oskar Wessetzky (Ill. Kronenzeitung), Richard Wilhelm
(Korrespondenz Wilhelm)
Ausschussmitgl.: Otto Berdach, Hermann Bessemer, Theodor Brüll, Robert Driak, Heinrich Glücks-
mann, Ernst Heilig, Philipp Herzog (Korrespondenz Herzog), Raimund Keiter, Helene Lafite-Tu-
schak (Neues Wiener Tagblatt), Oskar Loewenstein (Neues Wiener Journal), Erwin Paneth, Josef
Reitler, Moritz Scheyer, Theodor Schlag, Arthur Steiner (Eppel84, 257
f.).
Vor allem wegen ihres Vermögens spielte die C. in den Überlegungen der nationalsozialistischen
Kulturverwalter eine wichtige Rolle. Sie wurde zunächst ausschließlich als Journalistenverband an-
gesehen und daher dem Einflussbereich der RPK zugeordnet. Der kommissarische Leiter der stände-
staatlichen Österreichischen Pressekammer, Dr.
Franz Hartl, ernannte am 28.4.1938 den bestens infor-
mierten und über enge Kontakte zum Stiko verfügenden kommissarischen Leiter des Reichsverbands
der Deutschen Presse
– Landesverband Ostmark, Walter Petwaidic, zum treuh. Unterbevollmächtigten
der C. Er hatte bereits am 23.3.1938 mit den Vorarbeiten der Auflösung begonnen (Eppel84, 260),
da es sich hier um ein beträchtliches Vermögen von etwa 320.000 RM handelte, von dem Teile be-
reits in den ersten Tagen nach dem Einmarsch (17.3.1938) durch den Landeskulturleiter Hermann
Stuppäck beschlagnahmt und verbraucht worden waren (ÖStA/AdR 04 Stiko 37D). Die Aktion
hatte u. a. Wladimir v. Hartlieb in Begleitung von sechs Turnbrüdern durchgeführt. Petwaidic ver-
fügte sofort die Einstellung von Zahlungen an jüdische Mitglieder (Stiko 37D, fol.
97), die die Mehr-
Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
Band 5 der Reihe Literatur in Österreich 1938–1945
- Title
- Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
- Subtitle
- Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
- Author
- Uwe Baur
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21235-5
- Size
- 17.3 x 24.4 cm
- Pages
- 478
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Das Gesamtwerk 9
- Vorbemerkung zu diesem Band 13
- 1. Zensur und Förderung 15
- Einleitung 15
- Österreichische Listen 1933–1938 17
- Einleitung 17
- Der Bücherbrief (1932) 24
- Die Wegtafel (Mai 1933) 25
- Die deutsche Dichtung Österreichs (9.6.1933) 25
- Die Säuberung des deutschen Buchwesens vom jüdischen Geiste im Deutschen Reiche und wir Österreicher (Juni 1933) 26
- Dichterbuch (1933) 27
- Indizierungslisten Österreichs 1933–1938 28
- Liste der zu fördernden bzw. der abzulehnenden Schriftsteller (1935) 30
- Gegenwartsdichtung in Österreich (1935) 32
- Geist und Macht (1938) 33
- Österreich. Ein Bücherverzeichnis (1938) 34
- Deutsche Listen 1933–1945 35
- a. Verbotslisten 35
- b. Zentrale Empfehlungslisten 50
- Schriftsteller-Verzeichnis der Reichsschrifttumskammer (1942) 50
- Nationalsozialistische Bibliographie der Parteiamtlichen Prüfungskommission (1936–1943) 54
- Jahres-Gutachten-Anzeiger des Amtes Rosenberg (1936–1944) 56
- Kataloge zur „Woche des deutschen Buches“ des RMVP (1936–1942) 62
- Gottbegnadeten-Liste 65
- c. Spartenbezogene Empfehlungslisten 68
- 1. Jugendschriften-Verzeichnisse 68
- Einleitung 68
- Das Jugendbuch im Dritten Reich (1933) 69
- Das Buch der Jugend (1934–1942) 70
- Das Buch der deutschen Jugend (1939/40) –
- Das deutsche Jugendbuch (1940/41) 74
- 2. Vorschlagslisten für Dichterlesungen 76
- 3. Empfehlungslisten für Leihbüchereien und Buchhandlungen 79
- 4. Sonstige 84
- Das deutsche Bauernschrifttum in der deutschen Dichtung (Amt Rosenberg 1933) 84
- Einladungsliste für kulturelle Veranstaltungen und Empfänge (RPA Wien, Juni 1940) 85
- Geburtstagsbücher für den Führer (Amt Rosenberg 1943) 85
- Entnazifizierung 87
- Österreich 87
- Liste der gesperrten Autoren und Bücher (1946)/Nachträge 87
- Deutschland 90
- Liste der auszusondernden Literatur/Nachträge (1946–1953) 90
- 2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945 95
- Einleitung 95
- Literarische Gruppenbildungen nach dem liberalen Vereinsgesetz bis 1938 96
- Literarische Vereine im totalitären „Ständestaat“ 99
- Landeskulturamt der NSDAP-Landesleitung Österreich (1933–11.7.1938) 100
- Vereine im Nationalsozialismus ab März 1938 105
- Chronologie der literarischen Gesellschaften und Autorengruppen in Österreich zwischen 1933 und 1945 113
- Literarische Gesellschaften und Autorengruppen A–Z 119
- 3. Anthologien 1933–1945 271