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https://doi.org/10.7767/9783205212355 | CC BY 4.0
2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945
Angeregt durch Karl Anton Rohan und in enger Verbindung mit dem Verlag Wiener literarische An-
stalt wurde der Verein durch Friedrich Schreyvogl und Dr.
Kurt Frieberger am 22.5.1922 auf völlig
neue Beine gestellt. Binnen kurzer Zeit wuchs er in die Rolle eines international orientierten, elitären
Intellektuellenverbandes der „Konservativen Revolution“ hinein, der 1925 österreichisches Mitglied
des ebenfalls von Rohan gegründeten Europäischen Kulturbundes (Fédération Internationale des Unions
Intellectuelles) wurde und 376 Mitglieder zählte, gleichzeitig sich aber von der
– ebenfalls von Wien
geförderten – Paneuropa-Initiative von Richard Coudenhove-Kalergi absetzte. Der Vereinsleitung
gehörten zu dieser Zeit neben Schreyvogl und Felix Oppenheimer auch Hugo von Hofmannsthal,
Gustinus Ambrosi, Ignaz Seipel, Anton Wildgans und Paul Zsolnay an. 1937 firmiert er als österrei-
chische Gruppe des Internationalen Verbandes für kulturelle Zusammenarbeit, bis 1938 nahm er den
Rang eines halbstaatlichen repräsentativen Kulturveranstalters ein.
Vorstand:
Präsidenten: 1922–1924 Hofrat Fortunat v. Schubert-Soldern; 1924–1926 Prof.
Wenzel Graf Gleis-
pach; 1926–18.10.1933 Sektionschef des Innenministeriums Albert v. Trentini; 1934–1936 Kabi-
nettsdir. i.
R. Freiherr Dr.
Josef v. Löwenthal; Ende 1936–12.3.1938 Hans v. Hammerstein-Equord.
Geschäftsführende Vizepräsidentin: Jolande Jacobi (1928–38).
Im Nov. 1930 wurde vom Deutschnationalen Maximilian Hölzel der nichtliterarische Verein Kul-
turbund gegründet (ÖStA/AdR BPD Wien V.B. XVIII-11366; vom Stiko aufgelöst am 22.11.1938),
die Proteste von Jolande Jacobi gegen die Namensähnlichkeit wurden wegen des zu geringen rechtli-
chen Namenschutzes jedoch abgewiesen, worauf sich der Kulturbund unter dem Präsidenten Trentini
am 27.5.1931 in ÖK umbenannte.
Schon ab Mai 1935 richtete das im deutschen Auswärtigen Amt angesiedelte „Büro Megerle“ seine
kulturpolitischen Begehrlichkeiten auf den konservativen ÖK, den es bereits in dieser Zeit im Hin-
blick auf die Infragestellung der Österreich-Ideologie des autoritären Ständestaates über die Deutsche
Gesandtschaft in Wien finanziell unterstützte (BDC H.H. Ortner
– Amann96, 122). Unter Hinweis
auf dessen „jüdische“ Führung (v. Löwenthal und Jolande Jacobi, ab 1927 C. G. Jung-Schülerin)
bemühte sich die Gesandtschaft, dass der „halbamtliche Verein“ (v. Papen) nach dem Juliabkommen
1936 (geheimes Zusatzprotokoll vom November) einen neuen Vorstand bekomme. Bereits Anfang
Dezember wurde dieses Ziel mit Hammerstein-Equord, dem österr. Bundeskommissar für Kultur-
propaganda, erreicht (BAB/BAP fol.6; siehe die analoge Abwicklung im Österreichischen P.E.N.-Club).
Im Schreiben v. 19.6.1937 von Rudolf Hess, Stv. Hitlers, an das Auswärtige Amt heißt es, der Kultur-
bund solle nicht offiziell boykottiert werden, es sei nichts dagegen einzuwenden, wenn nationalsozia-
listische Wissenschaftler dort Vorträge hielten. So z. B. der Altpräsident der RSK-Berlin, Hans Fried-
rich Blunck, am 1.12.1936 knapp vor der Gründung des nationalsozialistischen Bundes der deutschen
Schriftsteller Österreichs. In der 2. ord. Tagung des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten zwischen
dem Deutschen Reich und Österreich v. 3.12.1937 wurde von Hammerstein die Entlassung von Frau
Jakobi abgelehnt, wenn er diese Frage zu einer Prestigefrage mache „werde er sie nie los werden“.
Dem Gründungskomitee gehörten nunmehr außer den bereits Genannten auch u. a. Innenminister
Edmund Glaise-Horstenau, Rudolf Henz, Oswald Menghin, Heinrich Srbik, Dr.
Kurt Schuschnigg,
Franz Werfel und Guido Zernatto an (Österr. Kulturbund. Wien 1937) und dem Arbeitsausschuss
Hammerstein, Frau Jacobi, Henz, Menghin, Srbik, Schreyvogl, Zernatto und Paul Zsolnay.
Die Bedeutung des Vereins wird auch daraus erkennbar, dass bereits am 13.3.1938 – veranlasst
durch den NSDAP-Landeskulturleiter Hermann Stuppäck
– sein Vermögen beschlagnahmt wurde
Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
Band 5 der Reihe Literatur in Österreich 1938–1945
- Title
- Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
- Subtitle
- Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
- Author
- Uwe Baur
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21235-5
- Size
- 17.3 x 24.4 cm
- Pages
- 478
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Das Gesamtwerk 9
- Vorbemerkung zu diesem Band 13
- 1. Zensur und Förderung 15
- Einleitung 15
- Österreichische Listen 1933–1938 17
- Einleitung 17
- Der Bücherbrief (1932) 24
- Die Wegtafel (Mai 1933) 25
- Die deutsche Dichtung Österreichs (9.6.1933) 25
- Die Säuberung des deutschen Buchwesens vom jüdischen Geiste im Deutschen Reiche und wir Österreicher (Juni 1933) 26
- Dichterbuch (1933) 27
- Indizierungslisten Österreichs 1933–1938 28
- Liste der zu fördernden bzw. der abzulehnenden Schriftsteller (1935) 30
- Gegenwartsdichtung in Österreich (1935) 32
- Geist und Macht (1938) 33
- Österreich. Ein Bücherverzeichnis (1938) 34
- Deutsche Listen 1933–1945 35
- a. Verbotslisten 35
- b. Zentrale Empfehlungslisten 50
- Schriftsteller-Verzeichnis der Reichsschrifttumskammer (1942) 50
- Nationalsozialistische Bibliographie der Parteiamtlichen Prüfungskommission (1936–1943) 54
- Jahres-Gutachten-Anzeiger des Amtes Rosenberg (1936–1944) 56
- Kataloge zur „Woche des deutschen Buches“ des RMVP (1936–1942) 62
- Gottbegnadeten-Liste 65
- c. Spartenbezogene Empfehlungslisten 68
- 1. Jugendschriften-Verzeichnisse 68
- Einleitung 68
- Das Jugendbuch im Dritten Reich (1933) 69
- Das Buch der Jugend (1934–1942) 70
- Das Buch der deutschen Jugend (1939/40) –
- Das deutsche Jugendbuch (1940/41) 74
- 2. Vorschlagslisten für Dichterlesungen 76
- 3. Empfehlungslisten für Leihbüchereien und Buchhandlungen 79
- 4. Sonstige 84
- Das deutsche Bauernschrifttum in der deutschen Dichtung (Amt Rosenberg 1933) 84
- Einladungsliste für kulturelle Veranstaltungen und Empfänge (RPA Wien, Juni 1940) 85
- Geburtstagsbücher für den Führer (Amt Rosenberg 1943) 85
- Entnazifizierung 87
- Österreich 87
- Liste der gesperrten Autoren und Bücher (1946)/Nachträge 87
- Deutschland 90
- Liste der auszusondernden Literatur/Nachträge (1946–1953) 90
- 2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945 95
- Einleitung 95
- Literarische Gruppenbildungen nach dem liberalen Vereinsgesetz bis 1938 96
- Literarische Vereine im totalitären „Ständestaat“ 99
- Landeskulturamt der NSDAP-Landesleitung Österreich (1933–11.7.1938) 100
- Vereine im Nationalsozialismus ab März 1938 105
- Chronologie der literarischen Gesellschaften und Autorengruppen in Österreich zwischen 1933 und 1945 113
- Literarische Gesellschaften und Autorengruppen A–Z 119
- 3. Anthologien 1933–1945 271