Page - 81 - in Sakralmöbel aus Österreich - Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
Image of the Page - 81 -
Text of the Page - 81 -
Österreichische Kunstlandschaften und regionale Charakteristika |
81Tirol
Und noch eine Besonderheit muss im Hinblick auf Salzburger Möbel erwähnt wer-
den. Sie betrifft nicht deren Ausgestaltung, sondern einen bestimmten Möbeltypus. In
Salzburg wurden in der Barockzeit italienische cassapanche nachgebaut, bei denen es
sich um Truhen handelt, die mit einer Rückenlehne, manchmal auch mit Armlehnen
versehen sind. Auf der Apenninenhalbinsel gehörten solche Möbel im sakralen Am-
biente zur Einrichtung von Sakristeien, im profanen Bereich zur Standardausstattung
von Eingangshallen, Wartezimmern oder Loggien. Die Beurteilung fällt schwer, ob
Truhenbänke in Salzburger Sakristeien als Teil der Möbelensembles zu finden wa-
ren, doch erlangten sie bei der Möblierung der fürsterzbischöflichen Residenz große
Bedeutung. Wie in Italien stehen sie in der Residenz zumindest heute in Aufent-
haltsräumen. Zwar ist davon auszugehen, dass solche Möbel ebenfalls im Süden Ös-
terreichs existierten bzw. noch immer existieren, doch konnten sie dort bislang nicht
nachgewiesen werden. Im Osten waren sie lediglich im Wiener Salvatorianerkloster
in Gebrauch.179
Tirol
Wie im gesamten österreichischen Alpenraum favorisierten die Tischler in Tirol Na-
delholz, seltener wurden Nussbaum und Eiche verwendet. Im 17. Jahrhundert waren
es vor allem Auftraggeber aus Innsbruck, die sich Mobiliar aus teurem Hartholz leis-
ten konnten, dagegen kam im 18. Jahrhundert auch außerhalb der Stadt Nussholz
in Gebrauch. Weichholzmöbel wurden häufig mit Schnitzdekor bereichert und mit
einem dunkelbraunen Farbton gebeizt.
Erneut stehen die Kirchenbänke im Fokus des Interesses, nun sind es die Brüstun-
gen und Rückenlehnen, die eine besondere Art der Konstruktion aufweisen : In Ti-
rol behielt man die gewöhnliche Rahmenstruktur bei, verzichtete jedoch teilweise auf
die Füllungen, weshalb sich die Lehnen mit großen Ovalen oder Rechtecken öffnen
(Abb. 297, 303, 372). Manchmal sind die Rahmen geschweift und mit Schnitzarbei-
ten verziert, an den Gestühlen in der Stiftskirche zu Stams oder in der Jesuitenkir-
che zu Innsbruck ist das gut zu erkennen (Abb. 304, 349). Auf den Lehnen dieser
Möbel beruht denn auch das charakteristische Erscheinungsbild der Möbelgarnitu-
ren, wahrscheinlich stehen sie ebenfalls in der Tradition des italienischen Möbelbaus.
Den Rückenlehnen in Tirol eignet formal eine Zwitterstellung zwischen den komplett
geöffneten italienischen Exemplaren und vollständig geschlossenen in den übrigen
Regionen unseres Kulturraums. Deneben konnten Möbel mit gleichartigen Rücken-
179 Bohr, Sakralmöbel (2017), 113–114.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Title
- Sakralmöbel aus Österreich
- Subtitle
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Volume
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Author
- Michael Bohr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 628
- Keywords
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587