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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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dungsmitglied des „Kongresses für kulturelle Freiheit“, einer der wirkungsmäch- tigsten Institutionen des Kalten Krieges, dessen Exekutivkomitee er angehörte. Gemeinsam mit Arthur Koestler verfasste er das „Manifest für kulturelle Frei- heit“, das am ersten Kongress 1950 in Berlin verlesen wurde. Sperber war dabei eher gemäßigt, „bemühte sich stets, Koestlers Insistieren auf einer einseitigen Positionierung durch neutrale, kompromißfähige Vorschläge zu entschärfen“.362 Sperbers Engagement im „Kongress“ sollte sich für Kraus und die Tätigkeit der ÖGL als enormer Vorteil hinsichtlich ihrer Ost-West-Arbeit erweisen (vgl. Kapi- tel 6). Hinsichtlich seiner Beziehung zu Wien hat Sperber im dritten Band seiner Autobiografie festgehalten, es geschehe „nicht selten, daß ich auf Reisen anstatt Paris ‚Wien‘ nenne, wenn ich meinen Wohnort bezeichnen soll. Die Spuren einer vergifteten Liebe bleiben länger sichtbar als die einer langsamen, erschöpften, ausgebrannten Leidenschaft.“363 Kraus hat dazu in einem Vortrag zu diesem Thema bemerkt, dass Sperber „bis zu dreimal im Jahr“ in Wien gewesen sei, er „zum Wiener Kulturleben“ gehört habe und für ihn Sperber solange er lebte, „ein Stück Wien in Paris“364 gewesen sei. Auch gegenüber Kraus dürfte Sperber diese Ambivalenz zur Stadt seiner Jugend formuliert haben. So hält Kraus nach einem Spaziergang mit Sperber im Wiener Augarten in einem Tagebucheintrag fest, dass Sperber nicht in Österreich sesshaft werden wolle, „denn er könne nicht in einem Friedhof, darin seine Verwandten und Freunde (nach gewaltsa- mem Tod) lägen, sein Haus bauen. Der Emigrant lebe mit abgeschnittener Wur- zel. ‚Ich frage mich, warum ich Österreich liebe, warum ich zu Ihnen spre- che…‘.“365 Kraus bemühte sich jedoch, Sperber enger an Wien zu binden, vermittelte er ihm doch zunächst den Kontakt zum Molden- und später zum Europa-Verlag. Sperber, der jenen Typus des europäischen Intellektuellen repräsentierte, der dem Geist des Humanismus verpflichtet war, sich den totalitären Regimen wider- setzt hatte und sich gleichzeitig zum geistigen Raum der ehemaligen Donaumo- narchie bekannte, nahm die Rolle des Mentors für Kraus ein, die sich in einer sehr umfangreichen Korrespondenz dokumentiert.366 362 Mirjana Stančić: Manès Sperber. Leben und Werk. Frankfurt/M., Basel: Stroemfeld/Roter Stern 2003, S. 468. 363 Manès Sperber: All das Vergangene... 4. Aufl. Wien: Europa-Verlag 1984, S. 684. 364 Kraus: Manès Sperber und Wien, S. 45 f. 365 Wolfgang Kraus: Tagebuch, 29.  Dezember 1972, NL WK. 366 Die Widmung für Sperber in Kraus’ erstem Essayband Der fünfte Stand (1966) liest sich wie folgt: „Für Manes Sperber – Ihnen, lieber Herr Sperber, verdanke ich unendlich viel: Ihnen und Ihren Werken. Ich danke Ihnen für manches Gespräch, da mir Klarheit, Ermutigung und neuen Impuls gegeben hat. Und Dank auch für die hilfreiche kritische Lektüre des Manuskripts. Alle guten Wünsche und Grüße von Ihrem W.  K. Wien 13.9.66“. NL WK. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 178 Die Österreichische Gesellschaft für Literatur (1961–1975)
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Title
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Author
Stefan Maurer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Size
15.8 x 24.0 cm
Pages
452
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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