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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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rischen Feld einzunehmen. Der Schriftsteller Josef Haslinger, selbst ein arrivier- ter, oftmals geehrter Autor, der seit 2013 als Präsident des P.E.N.-Zentrums Deutschlands fungiert, hat von der produktionsästhetischen und ökonomischen Situation der österreichischen Autorinnen bzw. Autoren während der 1970er Jahre ein düsteres Bild gezeichnet: Hauptsache, ich kann den Roman veröffentlichen, denkt der Autor, Hauptsache, ich kriege ein bißchen Geld dafür, Hauptsache, ich komme endlich ins Geschäft. Vielleicht gibt es in unerträglichen Zeitungen ein paar erträgliche Besprechungen, ein bißchen Ansehen und Ehre wird auf jeden Fall drinnen sein, ein bißchen Öffent- lichkeit, ein paar zusätzliche Lesungen, Rundfunkbeiträge, eine Einladung in die schlechteste aller Welten, in die Welt des Wolfgang Kraus. Hauptsache, ich fasse Fuß, Hauptsache, ich komme endlich ins Geschäft. Irgendwann kann ich dann den Spielraum gewinnen, den ich brauche, um jenen Roman zu schreiben, den ich immer schon schreiben wollte, denkt der Autor.3 Diese von Haslinger als „schlechteste aller Welten“ bezeichnete Realität der 1970er Jahre lokalisiert die von Bourdieu als „Hierarchisierungsprinzipien“ beschriebenen Sachverhalte im literarischen Feld, nämlich das autonome Prin- zip und das heteronome Prinzip, wobei letzteres „diejenigen begünstigt, die das Feld ökonomisch und politisch beherrschen“.4 Kraus erreichte in jenem Jahr- zehnt den „Zenith seiner unverschämten Macht“,5 wie Franz Schuh, der publi- zistisch und kulturpolitisch stets gegen ihn opponierte, festgestellt hat. Im folgenden Kapitel soll Kraus als Literaturvermittler im literarischen Feld dargestellt werden, jedoch jenseits der pejorativen Zuschreibungen seiner Zeit- genossen Haslinger und Schuh. Vielmehr stehen die von Kraus’ entwickelten Dynamiken im Zentrum, und er soll als ein Akteur beschrieben werden, der changierend zwischen „Literaturpapst“, „grauer Eminenz“, aber auch „Schach- figur“ innerhalb des Feldes der Macht die Fäden in der Hand hielt. Zunächst wird Kraus’ Habitus herausgearbeitet und sein Verständnis, was Literatur sein solle bzw. zu leisten habe und welche gesellschaftspolitische und Frz. übers. v. Bernd Schwibs u. Achim Russer. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2001 (= stw 1539), S.  342. 3 Josef Haslinger: Auf der Suche nach der österreichischen Literatur des letzten Jahrzehnts. In: Friedbert Aspetsberger, Hubert Lengauer (Hg.): Zeit ohne Manifeste? Zur Literatur der sieb- ziger Jahre in Österreich. Wien: ÖBV 1987 (= Schriften des Institutes für Österreichkunde 49/50), S. 7–15, hier S. 9. [Kursivierung im Original.] 4 Bourdieu: Die Regeln der Kunst, S. 344. 5 Franz Schuh: Beschreibung eines Wunsches. Die Grazer Autorenversammlung als Paradigma eines Schriftstellervereins der siebziger Jahre. In: Aspetsberger, Lengauer (Hg.): Zeit ohne Manifeste?, S. 16–34, hier S. 29. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 194 Wolfgang Kraus und die österreichische Literatur
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Title
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Author
Stefan Maurer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Size
15.8 x 24.0 cm
Pages
452
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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