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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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dierte er Rechtswissenschaften, arbeitete als Journalist und reüssierte 1951 mit dem Roman Das Boot kommt nach Mitternacht. Der Roman ist ebenso wie andere Texte aus dieser Periode ein „Bekenntnis zum Wort, zum intakten Wort“, der sprachliche Experimente scheute, und entsprach durchaus den „ästhetischen Anforderungen“, aber auch „dem Bedürfnis nach Wiederherstellung“.166 Habecks Geschichte über Offiziere der Deutschen Wehrmacht, die während des Zweiten Weltkriegs in der Bretagne kämpfen, lässt sich hinsichtlich des Aspekts der Vergangenheitsaufarbei- tung kaum mit Ilse Aichingers Die größere Hoffnung (1948) oder Herbert Eisen- reichs Auch in ihrer Sünde (1953) vergleichen, wie Wendelin Schmidt-Dengler fest- gestellt hat; obwohl es nicht mehr um die „Story“ geht, nimmt Habeck keine Diagnose vor, wie es zum Krieg gekommen ist, und Frieden sieht der Text nur als etwas ex negativo realisierbares, nämlich durch „Verzicht auf jede Form der politi- schen Praxis“.167 In Zusammenhang mit Habecks Roman Der Piber (1965) sprach Kraus davon, dass das Problem der „‚unbewältigte[n] Vergangenheit‘ nicht nur die Jahre unter Hitler“ betreffe, „sondern außerdem jenes der tatsächlichen tausend Jahre und mehr, mit deren Erbe der heutige Europäer zu leben hat.“168 Habeck, der von 1968 bis 1977 die Abteilung Literatur des ORF-Studios Wien leitete, war seit den 1950er Jahren mit Kraus befreundet. Dieser begleitete nahe- zu alle seiner Werke mit Besprechungen und verfasste unter dem Titel „Die ‚ver- lorene Generation‘ diesseits der Grenzen“ ein Porträt Habecks, das 1960 in „Wort in der Zeit“ erschien. Für Kraus zeigten Habecks literarische Arbeiten „das Suchen nach Klarheit, nach Werten, das aus persönlichster Not kommende Stre- ben nach der Prüfung vergangener Maßstäbe, und zwar nicht nur der gestrigen, sondern auch der vorgestrigen und jener aller Traditionen“, und er bezeichnet sie als „engagierte Literatur“, die sich „in jene Schwierigkeiten“ verbeiße, „die sich im Übermaß für den geistig strebenden Menschen mitten in der Realität ergeben“.169 Habeck, der aufgrund seines Werkes und der Schilderung des Zwei- ten Weltkriegs als Militarist kritisiert, von den Konservativen jedoch als „Lin- ker“ angesehen wurde, war für Kraus eine „der stärksten epischen Potenzen“170 der „Verlorenen Generation“ des Zweiten Weltkriegs. Kraus gab in der seit 1956 erscheinenden Stiasny-Reihe „Das österreichische Wort“ den schmalen Auswahlband In eigenem Auftrag der Werke Habecks her- 166 Wendelin Schmidt-Dengler: Das neue Land. Die Konzeption einer neuen österreichischen Identität in der Literatur. In: Wolfgang Kos (Hg.): Inventur 45/55: Österreich im ersten Jahr- zehnt der Zweiten Republik. Wien: Sonderzahl 1996, S. 404–440, hier S. 420. 167 Ebd. 168 Wolfgang Kraus: Buch der Woche. In: Kölnische Rundschau, 3.  Oktober 1965. 169 Wolfgang Kraus: Die „verlorene Generation“ diesseits der Grenzen. In: Wort in der Zeit 6 (1960), H. 1, S. 9–13, hier S. 10. 170 Wolfgang Kraus: Einleitung. In: Fritz Habeck: In eigenem Auftrag. Graz, Wien: Stiasny 1963, S. 5–13, hier S. 5. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 Der Literaturkritiker Kraus 235
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Title
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Author
Stefan Maurer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Size
15.8 x 24.0 cm
Pages
452
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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