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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Page - 273 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945

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beim durch einen Gewaltakt hervorgegangenen Kandidaten für den Manès- Sperber-Preis in seinem einzigen Buch eine unflätige Stelle über Manès Sperber gefunden […]. Daß man einem solchen Mann, der sich über Sperber in der gewissenlosesten Weise äußert, einen Sperber-Preis zu verleihen sich anschickt, halte ich für unverantwortbar.“348 Eine Kopie der von Kraus inkriminierten Textpassage aus Schuhs Essayband Liebe, Macht und Heiterkeit sandte er nicht nur an Sperbers Witwe Jenka, sondern auch an Heinz Fischer: Jedenfalls ist die Identität, die die große Literatur uns konserviert, eine europäische und keine lokale. Daran knüpft, ein Verwandter des kommerziellen, der Bildungs- mythos an. Ihn verbreiten Institutionen und die Schreckgestalten unseres Geistes- lebens, Herr Wolfgang Kraus von der Gesellschaft für Literatur zum Beispiel, Herr Sperber aus Paris, immer ein Schwätzchen über Europa, über den Rest der Welt und über uns als den Mittelpunkt von allem, das Ballett der schlafraubenden Gestal- ten, ein schauerliches Personal, ihre Namen sind vergänglich, aber ihr Typus ist hier für immer eingebürgert, eine Wiederkehr der ewig Gleichen, leerer Gedanke, vornehmer Ton.349 Schuh, der Kraus bereits während seiner Tätigkeit im Exekutivkomitee der Gra- zer Autorenversammlung in den 1970er Jahren sowie als Kritiker der Zeitschrift „profil“ attackiert hatte (vgl. Kap. 4.4), verzichtete auf den Preis. Auch Oswald Wiener, der für seinen 1969 erschienenen Text die verbesserung von mitteleuro- pa ausgezeichnet werden sollte, konnte Kraus als Preisträger schlussendlich ver- hindern. Da aber in den Statuten des Preises festgelegt war, dass die Werke des Auszu- zeichnenden zugänglich sein mussten, und die Bücher von Kraus’ Favoriten Claudio Magris nicht übersetzt bzw. vergriffen waren, fanden Löcker und Bur- ger darin ein zentrales Argument, gegen diesen Kandidaten zu stimmen. Dieses Argument blieb jedoch unberücksichtigt und wirkungslos, da Kraus bei höheren Stellen interveniert hatte. Wissenschaftsminister Hans Tuppy ignorierte den Mehrheitsbeschluss der Jury und stimmte der Verleihung an Magris zu: „Holen wir aber zum Abschluß noch Wolfgang Kraus’ kurzbündige Meinung ein: ‚Der Minister hat entschieden, und so ist es.‘ Und aus dem Wissenschaftsministeri- um langte das Tatwort ein: ‚Es is’ alles fertig, beschlossen, durch‘.“350 In einem offenen Brief an Tuppy gaben Burger und Löcker ihren Rücktritt aus der Jury bekannt: 348 Wolfgang Kraus an Jenka Sperber, 1.  Dezember 1989, ÖGL-Archiv. 349 Franz Schuh: Über das Wienerische. In: Liebe, Macht und Heiterkeit. Essays. Klagenfurt: Rit- ter 1985, S. 71. 350 N.  N.: Tuppy düpiert die Juroren. In: Arbeiter-Zeitung, 21.  November 1987, S. 27. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 Literatur-Preise 273
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Title
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Author
Stefan Maurer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Size
15.8 x 24.0 cm
Pages
452
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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