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des Verlags Mouton in Den Haag hatte Kuhner zahlreiche österreichische Auto-
rinnen und Autoren, darunter Christine Busta, Friederike Mayröcker, Albert Paris
Gütersloh, Herbert Zand, Michael Guttenbrunner und Johannes Urzidil übersetzt.
Kuhner hatte bereits 1969 an Kraus geschrieben, ihm seinen Roman Nixe
(1968)421 gesandt und eine Lesung in der ÖGL angeboten. Er wies darauf hin,
dass Andreas Okopenko einige seiner Gedichte aus dem Englischen übersetzt
habe und gab Otto Basil sowie Rüdiger Engerth als Referenzen an.422 Kraus gab
Kuhner allerdings eine, nicht unfreundliche, Abfuhr, da er sich „vor einer sol-
chen Fülle von bereits eingegangenen Verpflichtungen“ sehe, dass „es uns ganz
unmöglich ist, noch eine Lesung anzusetzen“, sandte den Roman zurück, nicht
ohne Kuhner „alles Gute für Ihre weitere Arbeit“423 zu wünschen.
Kuhner hatte sich bereits Anfang der 1970er Jahre mit einem anderen Lite-
raturbetriebsfunktionär, nämlich Ernst Jandl, angelegt. Er veröffentlichte die
Erzählung Da-da Ga-ga Ka-ka,424 in der Jandl porträtiert wird, freilich ohne
diesen explizit bei seinem Namen zu nennen, in der ersten Nummer von Feder-
manns „Pestsäule“. In diesem „unbeholfenen Text“ entfaltete Kuhner das „Schre-
ckensszenario einer sexuell bedrohten Großstadt“, wobei „sexuelle Attacken,
unbürgerliches Verhalten, Anarchismus und literarische Avantgarde“ zu einem
Amalgam verschmolzen werden, das „den Autor das Grausen“425 lehrt.
Die Einladung Kuhners zur „Writers Week“ 1976, die im Rahmen des aust-
ralischen „Adelaide Festival of Arts“ stattfand, für das Kuhner in der „Kultur-
kontaktstelle“ um ein Reisekostenstipendium angesucht hatte, stand damit in
Zusammenhang, dass er in der Zeitschrift „Poetry-Australia“ laufend Überset-
zungen aus zeitgenössischer österreichischer Lyrik veröffentlichte. Kuhner hat-
te auch einen Teil der Übersetzungen für eine von Adolf Opel herausgegebene
Österreich-Anthologie in englischer Sprache angefertigt, die innerhalb der Rei-
he „International Pen Books“ erschien, und dort auch als Beiträger figuriert.
Aufgrund der „Bindungen“ Kuhners an „australische literarische Kreise“ stand
die Kulturpolitische Abteilung des Außenministeriums „einer Förderung der
Teilnahme des Genannten – der lt. eigenen Angaben noch nie einer Unterstüt-
zung von offizieller österr. Seite teilhaftig wurde – am ‚Writers Week 1976‘ in
Adelaide nicht ablehnend gegenüber, doch könnte diese freilich nicht als reprä-
sentativ für die zeitgenössische österr. Literatur angesehen werden.“426
421 Herbert Kuhner: Nixe. New York: Funk & Wagnalls 1968.
422 Vgl. Herbert Kuhner an Wolfgang Kraus, 28. Mai 1969, ÖGL-Archiv.
423 Wolfgang Kraus an Herbert Kuhner, 1. Juli 1969, ÖGL-Archiv.
424 Herbert Kuhner: Da-da Ga-ga Ka-ka. In: Die Pestsäule 1 (1972), H. 1, S. 69-74.
425 Michael Rohrwasser: „manche meinen / lechts und rinks / kann man nicht / velwechsern. /
werch ein illtum!“ Avantgarde und Kalter Krieg. In: Thomas Eder, Juliane Vogel (Hg.): ver-
schiedene sätze treten auf. Die Wiener Gruppe in Aktion. Wien: Zsolnay 2008, S. 65–86, S. 74.
426 Beilage eines Briefes der österreichischen-australischen Botschaft (Canberra) an das Bundes-
ministerium für Äußere Angelegenheiten, 21. März 1975, ÖGL-Archiv.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
288 Wolfgang Kraus und die österreichische Literatur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Title
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Author
- Stefan Maurer
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 452
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437