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löst und Kraus sollte mit seiner Prognose recht behalten: „Den Beamten ist es
nach 6 Jahren gelungen, mich aus dem A[ußen]A[mt] hinauszuekeln.“8
Das folgende Kapitel widmet sich seinen vielfältigen Verflechtungen mit der
österreichischen Kulturpolitik und ergänzt insofern das vierte Kapitel, als der
Versuch unternommen wird, aus der Perspektive eines Akteurs, der an der Schnitt-
stelle von kulturpolitischem und literarischem Feld operierte, Vorgänge zu
erschließen, die sich hinter den Kulissen des Literatur- und Kulturbetriebs voll-
zogen, und gibt insofern Einsicht in die kulturpolitische Lenkung von Literatur
aus dem Feld der Politik heraus. Zunächst sei jedoch der Begriff „Kulturpolitik“
einer näheren Betrachtung unterzogen.
Wie Siegfried Mattl hinsichtlich des Begriffs „Kulturpolitik“ festgestellt hat, gibt
es wohl kaum einen anderen Terminus, der eine „so massive Umdeutung“9 erfah-
ren hat. Mattl verweist darauf, dass Kulturpolitik meist einen „national kodifi-
zierten Korpus“ abstreift und mehr hin zu einer „individualiserte[n] Kompe-
tenz“ tendiert, also „in einer von symbolischen Gütern dominierten Welt
Orientierungen zu schaffen“ bemüht ist bzw. aktiv „an der Produktion und Zir-
kulation dieser Güter“ teilnimmt, wodurch auch ein Wechsel aus dem „Feld der
Bildung bzw. der ideologischen Sinnstiftung in jenes der Ökonomie“ erfolgt.10
Dieses Postulat erscheint zunächst nachvollziehbar im Verweis auf den Zusam-
menhang von Kultur und Ökonomie, verbleibt jedoch dabei eindimensional und
bietet keine genauere Definition des Begriffs an.
Mit Verweis auf Christina Böde und Ulrich Janetzki hat Bodo Plachta darauf
hingewiesen, dass die mit der Kulturpolitik einhergehende „Autoren- und Lite-
raturförderung […] ein wichtiger Beitrag zur Aufrechterhaltung des literarischen
Lebens und ebenso Teil des Literaturbetriebs“ ist,11 dennoch bleibt der Begriff
hier ebenfalls ohne genauere Definitionskriterien. Vielmehr beschreibt Plachta
die Förderungspraxis in Form von Stipendien, Preisen und anderen finanziellen
Zuwendungen, die den Autorinnen und Autoren die notwendigen Freiräume
für das Verfassen literarischer Werke einräumen, und weist auch auf die Signal-
funktion der Förderung hin, indem die Arbeit der Autorinnen und Autoren
öffentliche Anerkennung und staatliche Würdigung erfährt. Plachta gibt zwar
die Zusammenhänge zwischen Kulturpolitik und „finanziellen, juristischen, kul-
8 Wolfgang Kraus: Tagebuch, 31. Juli 1981, NL WK.
9 Siegfried Mattl: Kultur und Kulturpolitik in der ‚Ära Kreisky‘. In: Wolfgang Maderthaner, Sieg-
fried Mattl, Lutz Musner, Otto Penz (Hg.): Die Ära Kreisky und die Folgen. Fordismus und
Postfordismus in Österreich. Wien: Löcker 2007, S. 121–192, hier S. 121.
10 Ebd.
11 Vgl. Christina Böde, Ulrich Janetzki (Hg.): Preise und Stipendien. Handbuch für Autoren.
Deutschland. Österreich. Schweiz. München: Quadriga 2000, S. 9. Zit. n. Bodo Plachta: Lite-
raturbetrieb. Paderborn: W. Fink 2008 (= UTB 2982), S. 148.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
299Kontaktperson,
Vermittler, Dolmetscher
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Title
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Author
- Stefan Maurer
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 452
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437