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Anwendung eines erweiterten Kulturbegriffes. Vermittlung des Österreichbildes
von heute. Betonung der wissenschaftlichen Aktivitäten. Kontakte mit Universitä-
ten und wissenschaftlichen Instituten. Beachtung des Schulwesens im Ausland.
Intensivere Verbindungen mit Massenmedien. Kooperation mit lokalen Instituti-
onen. Die Kulturinstitute sind als Zentren des Managements für Aktivitäten im
ganzen Land aufzufassen. Abhaltung von Symposien über wissenschaftliche The-
men, bezw. das Werk von Persönlichkeiten aus Österreich, möglichst mit Univer-
sitäten. Steigerung der Effizienz der Ausstellungs-Aktivitäten durch genaue Pla-
nung und Berücksichtigung aktueller Trends. Verringerung der musikalischen
Darbietung, jedoch Stimulierung ausländischer musikalischer Programme mit
österreichischen Komponisten im dortigen Radio und Fernsehen.139
„Das Bedürfnis nach einem Kanon großer Schriftsteller“, so hat William
H. John-
ston durchaus kritisch bemerkt, bestehe vor allem „bei Diplomaten und anderen
Personengruppen“, „die das Ausland mit österreichischer Kultur beliefern“.140
Einen Kanon österreichischer Literatur bzw. eine Staatsliteratur mit den Mitteln
der Auslandskulturpolitik zu etablieren und zu propagieren war auch eines der
erklärten Ziele von Kraus. Die Liste ist hierbei der wichtigste Arbeitsbehelf des
Funktionärs, weshalb Kraus zahlreiche dieser Verzeichnisse aufgestellt hat, die
seinen Kanon abbilden. Die „Kontaktstelle“ kompilierte eine „Liste von Werken
österreichischer Autoren unseres Jahrhunderts bzw. von Büchern mit österrei-
chischer Thematik“, die als Anregung zur Lektüre und als Hinweis für Empfeh-
lungen an interessierte Gesprächspartner“141 verfasst wurde. Diese Liste ist nach
der literarischen Gattungstrias (Lyrik, Prosa, Drama) geordnet und in zwei ver-
schiedene Zeitabschnitte unterteilt, wobei einer die „Klassische Moderne“ und
der andere „Zeitgenossen“ versammelt. Stellvertretend soll hier der Punkt „Erzäh-
lende Literatur“ im Abschnitt „Zeitgenossen“ analysiert werden. Die Liste ist
dabei nicht alphabetisch, sondern nach der Bedeutung der jeweiligen Autorin
bzw. des jeweiligen Autors für die Auslandskulturpropaganda geordnet. Den
Anfang macht Elias Canetti mit Die Blendung (1936), Die gerettete Zunge (1977)
und Die Stimmen von Marrakesch (1967), gefolgt von Manès Sperbers Roman-
trilogie Wie eine Träne im Ozean (1949–52) und dessen autobiografischen Schrif-
ten. Wie Wendelin Schmidt-Dengler konstatiert hat, sind die autobiographischen
Texte Canettis und Sperbers auch deswegen zentral für die österreichische Lite-
139 Ebd.
140 William H. Johnston: Das Prokrustesbett österreichischer Identität in der Literatur. Wider
einen geschlossenen Literaturkanon. In: Kurt Bartsch, Dietmar Goltschnigg, Gerhard Melzer
(Hg.): Für und wider eine österreichische Literatur. Königstein/Ts.: Athenäum 1982, S. 43–52,
hier S. 48.
141 Wolfgang Kraus für den Bundesminister an alle Vertretungsbehörden und Kulturinstitute,
15. September 1978, ÖGL-Archiv.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
328 Kontaktperson, Vermittler, Dolmetscher
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Title
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Author
- Stefan Maurer
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 452
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437