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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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49 Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre In der Folge stiegen in Europa amerikanische Investitionen und Exporte bis in die Dreißigerjahre sprunghaft an , und neben Massenartikeln der Konsumgüterindustrie und deren tayloristisch-fordistischen Produktionsmethoden waren auch die Segnungen moder- ner Unterhaltungsindustrie wie Jazz-Schallplatten , illustrierte Magazine oder Hollywood- Filme bald allgegenwärtig. Luigi Pirandello meinte 1929 diesbezüglich : „Der Amerikanismus überflutet uns. Ich glaube , dass man [ … ] einen neuen Leuchtturm der Zivilisation entzündet hat. [ … ] Das Geld , das die Welt durchläuft , ist amerikanisch , und hinter dem Geld läuft die Lebensweise und die Kultur. Hat Amerika eine Kultur ? Es hat Bücher und Gewohnheiten. Die Gewohnheiten sind seine neue Literatur , jene , die durch die am stärksten befestigten und verteidigten Tore dringt. In Berlin spüren sie nicht den Abstand zwischen altem und neuem Europa , weil die Struktur dieser Stadt keine Widerstände bietet. In Paris , wo es eine geschichtliche und künstlerische Struktur gibt , wo die Zeugnisse einer autochthonen Zivilisation zugegen sind , sticht der Amerikanismus ab wie die Schminke auf dem alten Gesicht einer Lebedame.“134 Ebenso wie in Italien135 waren auch Frankreichs Intellektuelle , deren antiamerikanische Ressentiments trotz der differenzierten frühen Studie Alexis de Tocquevilles zur ame- rikanischen Massendemokratie136 traditionell besonders ausgeprägt waren ,137 spätestens 134 Luigi Pirandello in einem Interview mit Corrado Alvaro. In : L’Italia Letteraria , 14. April 1929. Zit. nach. : Gramsci , Amerikanismus und Fordismus , a. a. O., 2098. 135 Vgl. Gamal Morsi , „Amerika ist immer woanders“. Die Rezeption des American Dream in Italien , Mar- burg 2001 , 105 ff. ; für die Nachkriegszeit siehe die elaborierte Studie : Alessandro Brogi , Confronting America. The Cold War between the United States and Communists in France and Italy , Chapel Hill 2011 ; weiters : Ekkehart Krippendorf ( Ed. ), The Role of the United States in the Reconstruction of Italy and West Germany 1943–1949. Papers presented at a German-Italian Colloquium held at the John F. Kennedy-Institut für Nordamerikastudien , Berlin 1981. 136 Auf Basis von Reiseeindrücken , die Alexis de Tocqueville ( 1805–1859 ) in den Jahren 1831 / 32 in den Vereinigten Staaten gemeinsam mit seinem Begleiter Gustave de Baumont gemacht hatte , publizierte dieser 1835 bzw. 1840 zwei Bände seine umfangreichen demokratietheoretischen Studie „Über die De- mokratie in Amerika“. In diesem Klassiker der modernen Demokratietheorie analysierte der spätere Abgeordnete Tocqueville sowohl Stärken als auch Schwächen des amerikanischen politischen Systems. Obwohl das Buch respektive sein Autor , trotz der darin enthaltenen deutlichen Kritik der Ungleichstel- lung von Afroamerikanern und Indianern , insbesondere in den USA bald einen regelrechten Kultstatus erreichte , blieb dessen Wirkungsgeschichte außerhalb Frankreichs allerdings äußerst gering. Vgl. dazu : Karlfriedrich Herb / Oliver Hidalgo , Alexis de Tocqueville , Frankfurt a. Main 2005 , 146 ; weiters : Alexis de Tocqueville , Über die Demokratie in Amerika , Stuttgart 1985 ; zur Amerikareise Tocquevilles im De- tail siehe die ausführliche Darstellung bei George Wilson Pierson , Tocqueville in America , Baltimore  – London 1996 [ zuvor veröffentlicht unter dem Titel : Tocqueville and Baumont in America , New York 1938 ]. 137 Vgl. Richard J. Golsan , From French Anti-Americanisms and Americanization to the „American Enemy“ ? In : Alexander Stephan ( Ed. ), The Americanization of Europe. Culture , Diplomacy , and Anti-America-
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Untertitel
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Autor
Christian H. Stifter
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
762
Schlagwörter
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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