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1. Images , Stereotype und Vorurteile
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“Other wars went no deeper than the physical aspects , but German Kultur raised issues that
had to be fought out in the hearts and minds of people as well as on the actual firing-line.
The approval of the world meant the steady flow of inspiration into the trenches ; it meant
the strengthened resolve and the renewed determination of the civilian population that is a
nation’s second line. The condemnation of the world meant the destruction of morale and the
surrender of that conviction of justice which is the very heart of courage.” [ Hervorhebung
d. Verf. ]
Und Präsident Wilson , der im historischen Rückblick dem Erfolg Deutschlands auf wirt-
schaftlichem und wissenschaftlichem Gebiet durchaus Wertschätzung und Bewunderung
entgegenbrachte , sah nun gerade in der deutschen Gründlichkeit und Effizienz , die sich
mit weltherrschaftlichem Anspruch gegen die demokratischen Freiheiten richte , die aller-
größte Gefahr :
“Germany is determined that the political power of the world shall belong to her. There have
been such ambitions before. They have been in part realized , but never before have those ambi-
tions been based upon so exact and precise and scientific a plan of domination.”295
Obwohl sich die tiefen anti-deutschen Ressentiments nach Ende des Ersten Weltkriegs
wieder legen sollten , und es , nicht zuletzt auch unterstützt durch anti-englische Stim-
mungslagen , kurzfristig sogar zum Wiederaufleben freundlicher Klischees des alten
Deutschlandbildes kam ,296 blieb mit der martialischen , vormodernen , nicht-zivilen kul-
turellen Andersartigkeit der Deutschen ( Dewey ) und ihrer Bedrohung gegenüber demo-
kratisch organisierten Gesellschaften doch ein Thema angesprochen , das sich insbesondere
mit dem aggressiv-rassistischen Antiamerikanismus des Nationalsozialismus sowie dessen
präzise geplanter Vernichtungspolitik grausam zu bewahrheiten schien und bis heute als
Thema amerikanischer Gegenwartsliteratur virulent geblieben ist.297
295 Rede Wilsons in Buffalo am 19. November 1917 bei einer von der „American Federation of Labor“ or-
ganisierten Veranstaltung. Zit. nach : Sedlmaier , Deutschlandbilder und Deutschlandpolitik. Studien zur
Wilson-Administration , a. a. O., 85.
296 So bemühten sich bspw. amerikanische Schriftsteller ( Sinclair Lewis oder Joseph Hergesheimer ) oder
auch Historiker darum , die entstellten Darstellungen des Deutschlandbildes zu entkräften. Vgl. Totten ,
Deutschland – Soll und Haben. Amerikas Deutschlandbild , a. a. O., 89 ; weiters : Zacharasiewicz , Das
Deutschlandbild in der amerikanischen Literatur , a. a. O., 166 ff.
297 So bspw. in der differenzierten Bearbeitung eigener , biografischer Traumata bei Kurt Vonnegut ( „Mother
Night“; „Slaughterhouse-Five“ ) oder in den komplexen , mit einer Fülle zeithistorischer Details durch-
setzten Romanen von Thomas Pynchon ( „V“; „The Crying of Lot 49“; „Gravity’s Rainbow“ ). Vgl. Zacha-
rasiewicz , Das Deutschlandbild in der amerikanischen Literatur , a. a. O., 241 ff.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741