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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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4. „The democratic way of life in Austria“ 342 den Dekan der Philosophischen Fakultät , Wilhelm Czermak , zu verteidigen : gegen sie wurden Vorwürfe laut , sie würden es „mit allen Mitteln durchzusetzen verstehen , daß ehemalige Parteimitglieder wieder in Dienst gestellt oder vor einer Entlassung geschützt werden“.1455 Im Bemühen , die Genannten von allen Vorwürfen frei zu halten , schoss der Rektor allerdings weit über das Ziel hinaus , indem er  – in nicht besonders glaubwürdiger Argumentation  – eingehend versicherte , dass beide „nicht den geringsten Einfluß auf die Frage der neuerlichen Einstellung ehemaliger Parteimitglieder im aktiven Dienst als Hochschulprofessoren nehmen und nehmen können“, da die Entscheidung darüber „aus- schließlich einer im Staatsamte für Unterricht gebildeten Sonderkommission“ zustehe , die , so Adamovich weiter , „ihren Spruch vollkommen frei und unabhängig nur nach ihrer eigenen Überzeugung trifft.“1456 Obwohl nun zweifellos zutrifft , dass die beiden Genannten nominell nicht in den Se- naten der Sonderkommission vertreten waren , fällt an dieser Stelle , ohne in psychologi- sche Spekulationen verfallen zu wollen , doch ins Auge , dass der Rektor der Universität Wien hier gegenüber den alliierten Offizieren jegliche Verantwortung formal auf die über- geordnete Instanz abwälzte und zudem bestritt , dass es an der Universität Wien eigene Sonderkommissionssenate mit Entscheidungsbefugnis gab. Hinzukommt , dass Richard Meister1457 als Prorektor  – wenn schon nicht die Leitung  – de facto die Supervision der Sonderkommission innehatte und daher bestens informiert war. Des Weiteren war es auch Meister , der wiederholt an Stelle des abwesenden Dekans der Philosophischen Fakultät , Czermak , der wiederum selbst direkt mit den politischen Säuberungsmaßnahmen an sei- ner Fakultät befasst war , in den Sitzungen des Akademischen Senats über den Stand der Entnazifizierung Bericht erstattete.1458 Daraus ist freilich nicht der Schluss zu ziehen , dass der Pädagogikprofessor im Sinne der zitierten Anschuldigungen gehandelt hat. Wie die Lektüre der Protokolle des Akademi- schen Senates verdeutlicht , war man sich der heiklen Situation und der exponierten Lage gegenüber der Öffentlichkeit jedenfalls bewusst und trachtete danach , mögliche Konflikt- 1455 UAW , Dekanatsakten der Phil. Fakultät , GZ. 1548–1945 / 46 , 3. Dezember 1945 Akademischer Senat 1945 , 1. 1456 Ebd. 1457 Richard Meister ( 1881–1964 ), Pädagoge , Philologe , Kulturphilosoph. 1923–38 Universitätsprofessor für Pädagogik , 1938–45 für klassische Philologie , 1945–56 wieder für Pädagogik an der Universität Wien ( 1949 / 50 Rektor ); 1945–51 Vizepräsident , 1951–63 Präsident der Österreichischen Akademie der Wis- senschaften. Vgl. Gernot Heiß , „… wirkliche Möglichkeiten für eine nationalsozialistische Philosophie“ ? Die Reorganisation der Philosophie ( Psychologie und Pädagogik ) in Wien 1938 bis 1940. In : Kurt R. Fischer / Franz M. Wimmer ( Hrsg. ) Der geistige Anschluß. Philosophie und Politik an der Universität Wien 1930–1950 , Wien 1993 , 140 f. Richard Meister war in den Zwanzigerjahren auch Mitglied der streng antisemitischen Professorenclique „Bärenhöhle“ an der Universität Wien. Siehe : Taschwer , Die Bärenhöhle und ihr langer Schatten , a. a. O., 7. 1458 Vgl. UAW , Senats-Sitzungs-Protokoll , 8. Sitzung , Akademischer Senat der Universität Wien , GZ. 1–1946 / 47 , 8. Jänner 1947 , 6.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Untertitel
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Autor
Christian H. Stifter
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
762
Schlagwörter
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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