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4. „The democratic way of life in Austria“
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Jan Papaneks ,1621 in einer alten Idee Winters , nämlich : „joining of the left wing of the
Christian Socialists with the right wing of the Social Democrats and thus create a ‚group
of the center‘ , which could receive additional groups from both sides.“1622 Dem Austro-
American Center war nicht lange Erfolg beschieden : nach Unstimmigkeiten anlässlich
einer Gedenkfeier am ersten Jahrestag des „Anschlusses“ spalteten sich unter anderem
legitimistisch orientierte Mitglieder ab und das Austro-American Center – „numerically
weak in exile perhaps , but spiritually strong by its contacts“1623 – ging noch 1939 in der
neugegründeten Austro-American-League unter Leitung von Otto Kallir1624 auf. Winters
darauffolgenden Aktivitäten1625 war allerdings ebenso wenig Erfolg beschieden , wie es die
verschiedenen politischen Gruppen österreichischer Emigranten in den USA insgesamt
nicht zustande brachten ( beziehungsweise erst gar nicht beabsichtigten ), ein gemeinsames
Nationalkomitee zu etablieren.
Das politische Scheitern Winters in der amerikanischen Emigration , wurde unter-
schiedlich interpretiert. So hielt die Spezialabteilung zu ausländischen Nationalitäten des
amerikanischen Militärgeheimdienstes 1941 in einem Memorandum bezüglich Winters
Persönlichkeit fest : „[ … ] he is a very honest man , but his political ideas are not very stable.
Recht – Vertreibendes Recht. Die Wiener Rechtswissenschaftliche Fakultät zwischen 1938 und 1945 ,
Wien 2010 , 5. [ Unpubliziertes Manuskript im Erscheinen ; der Autor dankt an dieser Stelle Kollegen
Mag. Jürgen Busch für die freundliche Überlassung des Textes ].
1621 Der Tscheche Jan Papanek ( 1892–1991 ), war in den Jahren zwischen 1932–1935 parlamentarischer
Berater von Eduard Benesch , nachfolgend tschechischer Konsul in Pittsburgh / USA und ab 1939 als
Mitarbeiter in der Exilregierung Benesch in den USA tätig. Ab 1946 war Papanek Chef der tschecholo-
wakischen Delegation bei der UN. Siehe dazu :
www.munzinger.de/search/portrait/Jan+Papanek / 0 / 2234.html [ Zugriff 31. 7. 2009 ].
1622 U. S. Office of Strategic Services. Foreign Nationalities Branch Files 1942–1945. INT–4AU–114. Coor-
dinator of Information. Office Memomrandum , A. Heckscher to Mr. Wiley , 18 May 1942 , Informati-
onsbericht [ Jan ] Papaneks , 12.
1623 U. S. Office of Strategic Services. Foreign Nationalities Branch Files 1942–1945. INT–4AU–159 , Ernst
Karl Winter an Office of Strategic Services , 15. August 1942 , a. a. O., 2.
1624 Otto Kallir ( 1894–1978 ), österreichischer Kunsthistoriker jüdischer Herkunft ; Gründer der „Neuen Gale-
rie“ ( 1923–1938 ) sowie Vizepräsident des „Hagenbundes“; 1939 gelang Kallier die Flucht in die USA , wo
er u. a. von 1939–1941 Vorsitzender der „Austro-America League“ war. Kallir verstarb als Galerieinhaber
in New York. Siehe : http://www.univie.ac.at/geschichtegesichtet/o_kallir.html [ Zugriff 26. 9. 2011 ].
1625 So war er an der Gründung des antilegitimistischen „American Committee on European Reconstruc-
tion“ beteiligt , in dem neben einer österreichischen auch eine tschechische und eine polnische Gruppe
aktiv waren , und rief 1941 das von ihm editierte Austrian Bulletin ins Leben. Zur Zielsetzung der neuge-
schaffenen Plattform gab die New York Times die Worte von „one of its founders , Dr. Ernst Karl Winter“
wieder : das „Reconstruction Committee“ wurde eingerichtet „[ … ] by a group of Austrians , Czecho-
Slovaks and Polish exiles to unite European victims and opponents of Hitler Germany to continue the
fight against Hitlerism and work for equitable European reconstruction was announced yesterday.“ In :
New York Times , 18 October 1940 , 4. Unter den Sponsoren dieses Komitees waren nach Aussage Winters
u. a. auch Alvin Johnson und Lewis Mumford. Siehe : Ernst Karl Winter an Office of Strategic Services ,
15. August 1942 , a. a. O., 5.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741